Bargeld
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Innenministerin Nancy Faeser will eine Obergrenze für Bargeld einführen - in der CSU regt sich Widerstand.

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Widerstand gegen Obergrenze für Bargeld

Ein Auto oder eine Luxusuhr bar bezahlen, das könnte bald auch in Deutschland nicht mehr gehen. Denn Innenministerin Faeser will eine Obergrenze für Bargeld von maximal 10.000 Euro – und so Geldwäsche bekämpfen. Doch es regt sich Widerstand.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Ein gebrauchtes Auto oder einen Neuwagen für 80.000 Euro einfach so in bar bezahlen – das sei in Deutschland auf der Tagesordnung und für Kriminelle kein Problem, sagt Sebastian Fiedler. Er sitzt für die SPD im Bundestag. Er ist Kriminalbeamter und kennt viele Geldwäsche-Geschichten: "Es ist im Moment so, dass sich Kriminelle aus anderen Erdteilen darüber unterhalten, dass es in Deutschland besonders attraktiv und einfach ist, Bargeld unterzubringen", sagt Fiedler im BR24-Interview.

  • Zum Artikel: "Kampf gegen Geldwäsche - Durchwachsene Noten für Deutschland"

Kampf gegen Geldwäsche: Faeser für Obergrenze bei Bargeld

Deshalb unterstützt der SPD-Politiker die Linie von Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Sie will eine Bargeldobergrenze von deutlich unter 10.000 Euro in Deutschland einführen. Das bekräftigt die SPD-Politikerin bei der Herbsttagung des Bundeskriminalamts: "Ich will eine Bargeldobergrenze, damit wir den Verbrechern die Grenzen aufzeigen können."

Um organisierte Kriminalität und Geldwäsche zu bekämpfen, sieht Faeser die Obergrenze als "Gamechanger", weil große Transaktionen dann nur noch auf nachvollziehbaren Finanzwegen gemacht werden können. Das verringere die Gefahr, dass die Herkunft großer Vermögen verschleiert werde. Und macht es Kriminellen schwerer, mit Geld aus illegalen Geschäften Schmuck, Autos und andere wertvolle Güter zu kaufen und so das Geld zu waschen.

CSU-Finanzminister befürchtet Freiheitseinschränkung

Doch gegen den Vorstoß regt sich Widerstand. Zwar findet Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) es wichtig, die Geldwäschebekämpfung "mit Verve" voranzutreiben. Aber man könne Kriminalität nicht ausschließlich dadurch bekämpfen, dass man allen die Freiheit einschränke, sagt der CSU-Politiker BR24: "Nur weil es Kriminelle gibt, zu verbieten, dass man mit Bargeld bezahlt, das wäre mir zu weitgehend."

Gegenwind bekommt Faeser auch aus der eigenen Koalition. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler hält eine Bargeldobergrenze für unverhältnismäßig und will alles tun, "damit das verhindert wird". Er sieht einen "längeren Trend, dass Bargeld diskriminiert wird".

Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner von der FDP scheint nicht begeistert. Lindner habe immer deutlich gemacht, dass Bargeldkäufe weiterhin möglich sein müssen, heißt es aus Kreisen des Finanzministeriums. Gleichzeitig signalisiert das Ministerium, dass es gegen eine europaweite Bargeldobergrenze am Ende wohl wenig ausrichten kann.

EU entscheidet über Bargeldobergrenze

Im Moment laufen Verhandlungen auf EU-Ebene. Die Kommission hatte vorgeschlagen, eine europaweite Bargeldobergrenze von 10.000 Euro einzuführen. Diese würde gewerbliche Händler betreffen. Einen gebrauchten Wagen, den eine Privatperson zum Beispiel über eine Kleinanzeige anbietet, zu kaufen, wäre laut Bundesfinanzministerium davon also nicht betroffen.

Wie Deutschland in der EU bei der Frage abstimmt, ist offen. Eine geeinte Position zwischen Innen- und Finanzministerium gibt es noch nicht. "Die Bundesregierung stimmt ihre Position laufend ab", sagt eine Sprecherin des Finanzministeriums. Die Obergrenze könnte mit einer qualifizierten Mehrheit aber auch gegen die Stimme von Deutschland beschlossen werden.

Denn in der EU vertritt Deutschland derzeit eine Minderheitenposition, sagt auch der FDP-Politiker Schäffler und befürchtet, Deutschland könnte überstimmt werden. Viele Länder haben bereits eine Obergrenze, in Frankreich sind es 1.000 Euro, in Italien im Moment 2.000 Euro und in Belgien und den Niederlanden 3.000 Euro.

Deutschland ein Geldwäsche-Paradies?

Dass Deutschland keine Obergrenze hat, kritisierte vor Kurzem auch das internationale Anti-Geldwäschegremium FATF, das bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung angesiedelt ist. Die fehlende Grenze sieht die Behörde als einen Grund dafür, dass Deutschland nur schleppend vorankommt bei der Bekämpfung der Geldwäsche.

Im Jahr werden hierzulande geschätzt 100 Milliarden Euro gewaschen – ein halbes Bundeswehr-Sondervermögen. Dadurch, dass viele andere EU-Länder bereits eine Bargeldobergrenze haben, sieht das Bundesinnenministerium eine Verlagerung der Gelder und beschreibt das Vorgehen der organisierten Kriminalität so: Die Bargeldkuriere bringen das Schwarzgeld vor allem aus Westeuropa nach Deutschland, "um sie auf dem hiesigen Markt durch den Barankauf von Kfz und Maschinen zu waschen und diese dann ins außereuropäische Ausland zu verkaufen".

Laut Ministerium werden mit dem Geld vor allem Pkw, Lkw, Baumaschinen und Luxusgüter gekauft. Schon jetzt gibt es Meldepflichten bei höheren Bargeldzahlungen. Sie können zum Beispiel nicht anonym getätigt werden, sondern nur, wenn ein Ausweis vorgelegt wird.

Selbst wenn über die EU bald eine Obergrenze kommt, eins ist dem Finanzministerium dabei wichtig: Bargeld besitzen soll weiter unbegrenzt möglich sein. "Eine Obergrenze für Barzahlungen ist keine Obergrenze für Bargeld", heißt es aus Kreisen des Ministeriums. Mehr als 10.000 Euro bei der Bank abheben oder einzahlen geht also weiterhin, genauso wie Bargeld daheim horten.

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