Kardinal George Pell

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Vatikan-Finanzchef muss wegen Kindesmissbrauchs vor Gericht

Als Finanzchef des Vatikans war Kardinal Pell ein enger Vertrauter des Papstes. Jetzt wird ihm in seiner Heimat Australien wegen Missbrauchsvorwürfen der Prozess gemacht.

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Die Nummer drei im Vatikan, Kardinal George Pell, muss sich in seiner Heimat Australien wegen mutmaßlichen Kindesmissbrauchs vor Gericht verantworten. Richterin Belinda Wallington entschied in Melbourne, die Vorwürfe gegen ihn seien ernst genug, um ein Hauptverfahren nach der vier Wochen dauernden Anhörung zu eröffnen. Mindestens einen von mehreren Anklagepunkten verwarf die Richterin nicht, so dass es zum Prozess kommen wird. Öffentliche Informationen über die Anschuldigungen gab es bisher kaum.

Pell: "Nicht schuldig"

Pell ist der bislang hochrangigste katholische Würdenträger, der sich je im Missbrauchsskandal der Kirche juristisch verantworten musste. Er wird beschuldigt, sich vor Jahren an mehreren Opfern vergangen zu haben. "Nicht schuldig", plädierte Pell auf Nachfrage der Richterin, nachdem sie ihre Entscheidung verkündet hatte. Als sie zum Ende der Anhörung den Saal verließ, brach im Publikum Applaus los. Sie verpflichtete Pell für morgen zur Rückkehr ins Gericht. 

Der Kardinal war am Dienstag mit Kollar und begleitet von seinem Anwalt zur Anhörung erschienen. Vor dem Gerichtsgebäude standen 40 Polizeibeamte. Einige Demonstranten wurden laut, als Pell das Gebäude erreichte.

"Null-Toleranz-Politik"

Die Anwälte des australischen Geistlichen hatten vergeblich argumentiert, dass alle Vorwürfe gegen ihn unwahr und nicht zu überprüfen seien. Pell war im Juni offiziell beschuldigt worden, im Bundesstaat Victoria vor Jahrzehnten mehrere Menschen sexuell missbraucht zu haben. Weitere Details dazu sind bislang noch nicht publik geworden. In den ersten zwei Wochen der Anhörung hatten die mutmaßlichen Opfer per Videoübertragung aus einem anderen Raum gegen Pell ausgesagt.

Der 76-Jährige ist der oberste Finanzberater von Papst Franziskus - wegen der Vorwürfe lässt er seine Ämter derzeit jedoch bis auf Weiteres ruhen. Für den Papst sind sie ein herber Rückschlag, hatte er doch öffentlich eine "Null-Toleranz-Politik" gegenüber sexuellem Missbrauch durch Würdenträger angekündigt.