Nicole Gohlke (Die Linke), spricht im Deutschen Bundestag.
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Einsatz für mehr Gerechtigkeit: Nicole Gohlke im Porträt

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Einsatz für mehr Gerechtigkeit: Bayerische Linke Nicole Gohlke

Bezahlbare Mieten und ein gerechtes Bildungssystem, das sind die Themen für die sich Nicole Gohlke einsetzen will. Die Bundestagsabgeordnete führt die bayerische Linke in den Wahlkampf. Ein Porträt.

Das Timing passt für die bayerische Spitzenkandidatin der Linken: Die Sitzungszeit im Bundestag ist vorbei, der Sommer hat begonnen, die Corona-Zahlen sind niedrig – sie und ihr Team seien nun heiß auf den Wahlkampf in Bayern, sagt Nicole Gohlke. Nach Monaten von Zoom-Konferenzen, endlich wieder raus, endlich wieder die Politik zu den Menschen bringen.

Die große Motivation an der Partei-Basis, die sie beim Haustürwahlkampf und an Info-Ständen unterstützt, gebe ihr die meiste Kraft, sagt die Münchnerin. Die kann sie gut gebrauchen, denn in Bayern haben es DIE LINKEN historisch schwer: bei der letzten Bundestagswahl gab es 6,1%, den Einzug in den Landtag hat die Partei noch nie geschafft.

Höherer Mindestlohn für Pflegeberufe von 14,50 Euro

Sie habe das Gefühl, dass noch viele Menschen unentschlossene seien, sagt Golhke, die nach dem Abitur in München Kommunikationswissenschaften studierte. Natürlich gebe es gerade in Bayern die, die sagen, sie wählen die Linke grundsätzlich nicht. Aber in einer Großstadt wie München sei es nicht mehr exotisch, die Linken zu wählen.

In ihrer Heimatstadt sieht die Spitzenkandidatin viele Probleme, die die Linke als ihre Kernkompetenz erachtet: zu hohe Mieten, zu geringe Löhne – kurzum: soziale Ungerechtigkeit. Diese sei durch Corona noch einmal verschärft worden. Dabei gebe es gute Konzepte dagegen, wie z.B. einen höheren Mindestlohn für die Pflege von 14,50 Euro. Dies würde die Anerkennung für diesen systemrelevanten Berufsstand endlich verbessern, denn für Gohlke ist klar: gerade jetzt müsse man um die Pflege kämpfen.

Bundestagswahl als Abstimmung über Mietendeckel

Als Münchnerin hat Gohlke das Problem vor der eigenen Haustüre ausgemacht und will steigenden Mieten und Immobilienpreisen einen Riegel vorschieben. Die Sprecherin der Landesgruppe der Linken, die seit 2008 im Bundestag ist, setzt dabei auf klassisch linke Ansätze, also das Eingreifen des Staates, wie die Deckelung von Baulandpreisen oder einen bundesweiten Mietendeckel.

Die Wahl im September sieht Gohlke gar als Volksabstimmung über eine Mietobergrenze. Dieser habe in Berlin in der Praxis bewiesen, wie Mieten wirksam begrenzt werden könnten. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das den Berliner Mietendeckel als verfassungswidrig erklärt hatte, fordert die Spitzenkandidatin der bayerischen Linken einen bundesweiten Mietenstopp.

Schule: Lehren aus Corona ziehen

Gohlke ist seit 2017 Bildungspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion. Die Corona-Krise habe gezeigt, dass das Bildungssystem die soziale Spaltung verschärfe. Es gebe zwar viele positive Beispiele, wie die Pandemie die Digitalisierung an den Schulen vorangebracht habe. Dies liege aber vor allem an der teilweise außerordentlichen Leistung der Lehrkräfte, betont die 45-jährige.

Es brauche insgesamt mehr Lehrer und noch immer gebe es Schulen ohne WLAN – Gohlke rechnet hier einen Sanierungsstau von insgesamt 40 Mrd. Euro vor. Das Hauptproblem sieht sie darin, dass der Zugang zu Bildung in Deutschland von der sozialen Herkunft abhängt. Die Bundesregierung unternehme vor allem während der Pandemie zu wenig, um Bildungsgerechtigkeit für alle zu gewährleisten. Gerade Kinder und Jugendliche aus ärmeren Familien seien die Leidtragenden. Die Bundeshilfen für benachteiligte Kinder reichten bei weitem nicht aus.

Nicole Gohlke: Schuldenbremse muss weg

Die Regierung lasse Schüler und Studenten im Regen stehen, sagte die Spitzenkandidaten zuletzt bei einer Rede im Bundestag. Das lange Festhalten der Regierung an der Schuldenbremse bezeichnet Gohlke als neoliberale Sparpolitik.

Dies habe Investitionen in das Bildungssystem verhindert, Schulen und Hochschule seien dadurch kaputtgespart worden. Die Linken-Politikerin fordert die Wiedereinführung einer gemeinsamen Finanzierung des Hochschulbaus von Bund und Ländern, was mit der Föderalismusreform im Jahr 2006 abgeschafft wurde.

Harte Kante gegen die AfD

Im Bundestag scheut Nicole Gohlke die Auseinandersetzung mit der AfD nicht, im Gegenteil. Bei einer Debatte über einen AfD-Antrag, die Förderung der Gender-Forschung zu beenden, warf Golke der AfD Antifeminismus vor. Und sie ging noch weiter: Antifeminismus gehöre wie Rassismus zur DNA der AfD. Dies sei der Bruder im Geiste von Nationalismus, Antisemitismus und Faschismus.

Auf die wirklich wichtigen Fragen im Leben, wie steigende Mieten und sinkende Renten liefere die Partei keine Antworten. Vor dem Hintergrund innerparteilicher Spannungen bei der AfD, die Gohlke als extreme Rechte bezeichnet, müssten Hass auf andere oder auf Minderheiten als inszeniertes Zusammengehörigkeitsgefühl und Bindemittel herhalten.

Keine Sorge wegen Partei-Querelen

Ihre Partei bleibe aktuell unter ihren Möglichkeiten, sagt Gohlke, angesprochen auf die jüngsten Richtungs- bzw. Personalstreitigkeiten bei den Linken. Sie persönlich empfinde es als Belastung aber in einer Ausnahmesituation, wie während einer Pandemie, seien Richtungsstreits grundsätzlich nichts Falsches. Das gehöre in einer pluralistischen Partei wie der Linken auch mal dazu.

Trotz zuletzt schlechter Umfrageergebnisse, konkrete Sorge bundesweit die fünf Prozent nicht zu erreichen, habe sie nicht, so Gohlke. Ihre persönlichen Ziele in Bayern steckt sie dennoch nicht zu hoch: das Ergebnis der Bundestagswahl 2017 erreichen. Vielleicht wäre sogar noch mehr drin – Gohlke will bis zum letzten Tag vor der Wahl kämpfen und sie ist optimistisch: "Ich weiß, dass wir gebraucht werden."

Nicole Gohlke tritt gemeinsam mit dem Bundestagsabgeordneten Klaus Ernst als Doppelspitze der bayerischen Linken zur Bundestagswahl im September an.

Die anderen bayerischen Spitzenkandidatin im Porträt

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