"Tief enttäuscht", so beschreibt Prof. Florian Krötz, Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin am Klinikum Starnberg die Stimmung unter den Pflegekräften seines Krankenhauses. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie seien im Vergleich mit der Bettenzahl in Starnberg weit mehr Covid-Patienten behandelt worden als in vielen anderen Klinken, die Belastung sei "extrem hoch" gewesen, berichtet Krötz. Dennoch geht das Pflegepersonal bei der neuen Corona-Prämie, die in den nächsten Wochen an insgesamt 837 Kliniken ausgezahlt werden soll, leer aus.
Zwischen 2.200 und 3.300 Euro pro Pflege-Profi hätten theoretisch fließen können. Doch eine Voraussetzung für Bonuszahlungen ist, dass am jeweiligen Krankenhaus mindestens zehn Covid-Patienten länger als 48 Stunden an der künstlichen Beatmung waren. Starnberg unterschreitet diesen Grenzwert allerdings um einen Patienten.
- Zum Artikel: Bericht: Viele Pflegekräfte gingen beim Pflegebonus leer aus
Kritik an Grenzwert
Der Starnberger Chefarzt und Pandemiebeauftragte Krötz hält die Grenze, die die Bundesregierung gezogen hat, für wenig sinnvoll. Seine Klinik habe mit 310 Plan-Betten rund 1.200 Covid-Patienten behandelt, das Verhältnis lag also bei eins zu vier. Andere Krankenhäuser hätten nur ein Verhältnis von eins zu zwei, und trotzdem gebe es dort Bonuszahlungen. Denn dort wurden mehr Patienten länger beatmet.
Dass Starnberg vergleichsweise wenige langdauernde Beatmungsfälle hatte, lasse sich mit einer medizinischen Entscheidung erklären, sagt Krötz: Viele Patienten, die außer der Covid-Erkrankung nur wenige andere Gesundheitsprobleme hatten, seien in andere Kliniken weiterverlegt worden, etwa in die Lungenfachklinik Gauting. Dass es jetzt sozusagen eine Strafe für diese Entscheidung gebe, stoße bei den Pflegekräften auf Unverständnis: "Die Prämie war lange erwartet worden".
Hoffnung auf Unterstützung durch Bayern
Die Starnberger Klinik hofft darauf, dass die Kriterien für eine Bonuszahlung noch nachgebessert werden. Der Pandemiebeauftragte Krötz setzt dabei auch auf Unterstützung durch die bayerische Staatsregierung.
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hatte bereits im Frühjahr, als die Bundesregierung die Bonusregeln auf den Weg brachte, die Pläne kritisiert. Denn viele Beschäftigte würden ungerechterweise ausgeschlossen, weil ihre Kliniken bestimmte Mindestzahlen nicht erfüllen, so Holetschek.
Pflegevereinigung hält Bonussystem insgesamt für falsch
Der Präsident der Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB), Georg Sigl-Lehner, sieht sich durch den neuen Ärger über Pflegebonus-Zahlungen in seiner grundsätzlichen Kritik an den Prämien bestätigt. Zwar hätten viele Pflegekräfte von Bonuszahlungen profitiert, sagt Sigl-Lehner. Doch "die zusätzliche Motivation durch den Bonus ist so schnell verpufft, wie er ausgezahlt ist", glaubt der VdPB-Präsident. Weit wichtiger als Einmalzahlungen wäre seiner Ansicht nach eine nachhaltige Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege, sowohl bei der Bezahlung als auch bei den Arbeitszeiten.
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