Gegen den inhaftierten Kreml-Kritiker Alexej Nawalny ist in Russland eine neue Anklage erhoben worden, die seine Gefängnisstrafe deutlich verlängern könnte.
Nawalny droht längere Haftstrafe nach neuer Anklage
Nawalny werde die Gründung einer Organisation vorgeworfen, "die Rechte der Bürger verletzt", erklärte das für schwere Straftaten zuständige Ermittlungskomitee am Mittwoch in Moskau. Im Falle einer Verurteilung wegen der neuen Vorwürfe drohen Nawalny drei Jahre Gefängnis.
Nawalny gilt als wichtigster Widersacher Putins. Er hatte vor einem Jahr einen Anschlag in Russland mit einem Nervengift überlebt, für den er den Kreml verantwortlich macht. Nach seiner Behandlung in Deutschland wurde er bei seiner Rückkehr im Januar in Russland festgenommen und später wegen angeblicher Verstöße gegen Bewährungsauflagen zu mehr als zwei Jahren Lagerhaft verurteilt.
- Zum Artikel: Der Unbeugsame: Alexei Nawalnys "Reden vor Gericht" als Buch.
Nawalnys Anti-Korruptions-Stiftung im Fokus der Behörden
Am Dienstag wurde bekannt, dass die russischen Behörden ein neues Strafverfahren gegen zwei enge Vertraute Nawalnys eingeleitet haben. Der Untersuchungsausschuss erklärte dazu, Leonid Wolkow und Iwan Schdanow werde vorgeworfen, Geld für extremistische Gruppen gesammelt zu haben. Bereits im Juni hatte ein Gericht Nawalnys Stiftung zur Bekämpfung von Korruption und ein weitläufiges Netzwerk von rund 40 Regionalbüros als extremistische Gruppen eingestuft und verboten.
Die Stiftung setzte ihre Spendensammlung schon vor dem Urteil aus, um Unterstützer nicht in Gefahr zu bringen. In der vergangenen Woche kündigte Nawalnys Team allerdings an, die Spendensammlung über verschlüsselte Transaktionen wieder aufzunehmen, die das russische Bankensystem umgehen und den Spendern Anonymität ermöglichen. Bei einer Verurteilung drohen Wolkow und Schdanow bis zu acht Jahre Haft.
Vergangene Woche hatte ein russisches Gericht den Bruder Nawalnys zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Oleg Nawalny habe dazu angestachelt, Corona-Abstandsregeln nicht einzuhalten, als er zu Straßenprotesten aufrief, urteilte ein Moskauer Bezirksgericht am Freitag und verhängte ein Jahr Haft auf Bewährung. In Russland sind Demonstrationen wegen Corona verboten.
Russische Behörden ziehen vor Parlamentswahl Zügel an
Oppositionsanhänger, unabhängige Medien und Journalisten stehen außerdem offenbar wegen der russischen Parlamentswahl am 19. September unter erhöhtem Druck der Behörden. In den vergangenen Monaten wurde eine Reihe unabhängiger Medien und Journalisten als "ausländische Agenten" eingestuft, was zusätzliche Kontrollen durch die Behörden bedeuten kann. Die Parlamentswahl gilt weithin als wichtiger Teil von Präsident Wladimir Putins Bemühungen, seine Macht vor der Präsidentschaftswahl 2024 zu festigen.
- Zum Artikel: Nawalny, Russland und die EU: Was sind uns Menschenrechte wert?
Mit AFP- und dpa-Material.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!