Jens Stoltenberg, NATO-Generalsekretär, spricht in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur dpa im Hauptquartier der NATO
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Nato-Generalsekretär fordert mehr Waffen für die Ukraine

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Nato-Generalsekretär fordert mehr Waffen für die Ukraine

Die Nato muss die Ukraine weiterhin militärisch unterstützen und das Engagement ausbauen. Das betont der Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Nur so könne Russland zur Einsicht gebracht werden, dass die Kriegsziele nicht zu erreichen sind.

Um Frieden für die Ukraine zu erringen, braucht das Land weitere militärische Hilfe. Davon ist der Generalsekretär der Nato, Jens Stoltenberg, überzeugt. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa betonte er jetzt: "Es mag paradox klingen, aber militärische Unterstützung für die Ukraine ist der schnellste Weg zum Frieden."

Es sei klar, dass die meisten Kriege zwar am Verhandlungstisch beendet würden, so wie wahrscheinlich auch dieser Krieg, man wisse aber auch, dass das, was die Ukraine dabei erreichen könne, von der militärischen Situation abhänge.

Putin muss von seinem Scheitern überzeugt werden

Deutschland und auch andere Verbündete forderte er deshalb dazu auf, weitere Waffen zu liefern. Nur so könne der russische Präsident Wladimir Putin davon überzeugt werden, dass er es nicht schaffen werde, die Kontrolle über die Ukraine zu übernehmen. Erst dann könne man über einen Frieden verhandeln, der sicherstelle, dass die Ukraine dauerhaft als unabhängiger und demokratischer Staat existiert. Die bisherigen Waffenlieferungen Deutschlands lobte Stoltenberg aber schon Ende November.

Stoltenberg: Angriffe in Russland legitim

Legitim seien dabei auch Angriffe auf militärische Ziele in Russland, so Stoltenberg. Jedes Land habe das Recht, sich zu verteidigen. Auch die Ukraine. Dabei müsse man berücksichtigen, dass Russland massiv die zivile Infrastruktur in der Ukraine angreife, um der Zivilbevölkerung gezielt Wasser, Strom und Heizung zu nehmen.

Putin versuche, aus dem Winter eine Waffe gegen Zivilisten zu machen. Das sei kein Angriff auf militärische Ziele mit zivilen Opfern. Das sei ein massiver Angriff auf Zivilisten, weil Millionen Ukrainer dieser grundlegenden Leistungen beraubt würden. "Wir unterstützen die Ukraine beim Recht auf Selbstverteidigung", so Stoltenberg. "Das ist ein Recht, das in der Charta der Vereinten Nationen verankert ist."

Nicht nur Waffen – auch mehr Munition nötig

Auf konkrete Forderungen bei den Waffensystemen legt Stoltenberg sich allerdings nicht fest, beispielsweise, ob Mittelstreckenraketen geliefert werden sollten. Hier verweist er auf den "ständigen Dialog" zwischen den Nato-Verbündeten und der Ukraine. Nato-Verbündete hätten der Ukraine aber bereits Waffensysteme mit großer Reichweite geliefert, zum Beispiel Himars-Raketenwerfer, Artillerie mit großer Reichweite und Drohnen.

Ähnlich reagiert Stoltenberg auf die Frage nach der Lieferung von deutschen Kampfpanzern und Patriot-Systemen in die Ukraine. Hier gebe es gute Gespräche im Rahmen der Nato und im US-geführten Ramstein-Format. "Natürlich fordere ich die Verbündeten auf, mehr zu tun", ergänzte er. "Es liegt in unser aller Sicherheitsinteresse, dafür zu sorgen, dass sich die Ukraine durchsetzt und Putin nicht gewinnt."

Wichtig sei aber auch, dass sich die Debatte nicht auf weitere Waffensysteme beschränke. Noch wichtiger sei es beispielsweise, dass ausreichend Munition für die schon eingesetzten Waffen zur Verfügung gestellt werde. Hier sei der Bedarf enorm.

Stoltenberg: Putin hält an seinen Kriegszielen weiterhin fest

Es gebe derzeit keine Hinweise darauf, dass Putin seine Pläne geändert habe, die Ukraine zu kontrollieren. Dafür seien neue Soldaten rekrutiert worden, die mittlerweile ausgebildet würden. Und Russland habe gezeigt, dass es bereit sei "schmerzvolle Verluste" zu erdulden. Außerdem habe es sich an andere autoritäre Regime gewandt, um mehr Waffen und Munition zu bekommen. "Das ist nicht vorbei. Kriege sind unberechenbar, aber wir müssen uns auf einen langen Weg und auch auf neue russische Offensiven vorbereiten. Wir sollten Russland nicht unterschätzen."

Keine Rückkehr zu früheren Beziehungen zu Russland

Ein Ende des Krieges werde aber nicht zu einer schnellen Normalisierung der Beziehungen zu Russland führen. Eine wirtschaftliche Zusammenarbeit, wie sie Bundeskanzler Scholz kürzlich zumindest für wieder möglich hielt, sieht Stoltenberg auf längere Zeit nicht. Nichts werde sein wie zuvor. Welche Art von Beziehungen mit Russland es in der Zukunft geben werde, werde vom Verhalten Russlands abhängen. "Und ich glaube, es ist schwer vorstellbar, dass wir am Ende noch einmal so stark von strategisch wichtigen Gütern wie Energie abhängig sein werden."

Mit Material von dpa

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