Es ist so einfach wie illegal. Für ein paar Euro gibt es im Internet sogenannte AdBlue-Emulatoren. Ganz offen wird damit geworben, dass mit diesen Geräten die Adblue-Systemelektronik in Lkw abgeschaltet werden kann. Dadurch spart sich der Halter den teuren Harnstoff Adblue, mit dem der Ausstoß von Stickoxiden bei Dieselmotoren reduziert wird. Ohne die Einspritzung von Adblue steigt der Schadstoffausstoß aber extrem an.
Einige Firmen bieten zudem Pkw-Haltern an, die Software der Motorsteuergeräte so umzuprogrammieren, dass die Abgasrückführung ausgeschaltet wird. Darüber hinaus werben einige Tuning-Unternehmen damit, den Diesel-Partikelfilter zu deaktivieren. Joachim Bühler vom Verband der Technischen Überwachungsvereine schätzt, dass Millionen Pkw betroffen sind.
"Wir gehen davon aus, dass zwischen fünf und zehn Prozent der Pkw in Deutschland defekte oder manipulierte Abgasanlagen haben. Und das bedeutet bei einem Fahrzeugbestand von 45 Millionen Pkw, dass bis zu 4,5 Millionen Fahrzeuge betroffen sein könnten." Joachim Bühler vom Verband der Technischen Überwachungsvereine (VdTÜV)
Händlerhinweise dienen nur der rechtlichen Absicherung
Die Händler solcher Geräte sowie die Tuningfirmen weisen bei ihren Angeboten darauf hin, dass die Manipulationen in der EU illegal sind sowie gegen die Straßenverkehrsordnung und die Kfz-Versteuerung verstoßen. Sie raten deshalb unter anderem, die Fahrzeuge nur noch auf privatem Grund zu fahren. Doch diese Hinweise dienen wohl eher nur der rechtlichen Absicherung der Firmen und werden offensichtlich nicht ernst genommen.
Die juristischen Folgen scheinen die Halter dabei ebenso wenig zu stören wie die Tatsache, dass ihre Fahrzeuge durch die Manipulationen zu Drecksschleudern werden - mit entsprechenden Folgen.
"Man muss das auf die Millionen PKW hochrechnen, die manipuliert sind und da kommen einige Tonnen zusammen. Da ist es nicht verwunderlich, dass hier ein zusätzlicher Faktor ins Spiel kommt, der eben die Luftreinhaltung in den Städten gefährdet." Prof. Ralph Pütz, Hochschule Landshut
TÜV sieht Gesetzgeber in der Pflicht
Dass so viele Halter den Recherchen von ARD Plusminus zufolge ihre Fahrzeuge manipulieren, hat offensichtlich einen einfachen Grund: Es finden kaum Kontrollen statt. Der TÜV darf bei der Abgasuntersuchung nicht einmal prüfen, ob die Motor-Software manipuliert wurde. "Wir als TÜV prüfen die gesetzlich vorgeschriebenen Prüfkriterien", sagt Joachim Bühler vom Verband der Technischen Überwachungsvereine und sieht die Politik in der Pflicht. "Die Politik muss die Vorgaben setzen. Wir sind technisch in der Lage, aber dafür brauchen wir eine technische Rahmenbedingung, aber die gibt es zum Beispiel bei der Softwareprüfung nicht."
Strafen sind relativ gering
Also während Industrie und Politik darum ringen, durch immer teurere Systeme Schadstoffausstoß immer weiter zurückzufahren, werden hier auf kriminelle Weise Grenzwerte um ein Vielfaches überschritten, mit entsprechenden Folgen für die Luft in den Innenstädten. Experten kritisieren zudem, dass die Strafen bei den Manipulationen, wenn sie denn mal entdeckt werden, relativ gering sind. Mit entsprechenden Kontrollen und schärferen Strafen hätte die Politik demnach die Möglichkeit, recht zeitnah die Luft in den Innenstädten zu verbessern.