Die Richter des dritten Senates stellten in einer Grundsatzentscheidung fest, dass der seit mehr als 50 Jahren geltende Zinssatz nicht verfassungswidrig sei. Sie begründeten dies damit, dass im streitgegenständlichen Jahr 2013 sich die Zinssätze für Einlagen und Kredite in einer Bandbreite von 0,15 Prozent bis 14,7 Prozent bewegten. Obwohl der Leitzins der Europäischen Zentralbank bereits seit 2011 auf unter ein 1 Prozent gefallen sei, hat der gesetzliche Zinssatz von 6 Prozent nach Überzeugung der obersten deutschen Finanzrichter die Bandbreite realitätsnaher Referenzwerte nicht verlassen.
Umstrittene Entscheidung
Der Bundesfinanzhof hat damit erneut eine Grundsatzentscheidung zu einer Frage getroffen, die in der Fachwelt seit Jahren hochumstritten ist. Einige Kritiker sprechen in diesem Zusammenhang sogar von "Wucherzinsen", die der Fiskus verlange. Sie argumentieren damit, dass in Zeiten, in denen es auf Spareinlagen nur Guthabenzinsen von weit unter einem Prozent gebe, der Steuerpflichtige keinen Liquiditätsvorteil habe, wenn er seine fälligen Zahlungen an den Fiskus erst mit Verspätung leiste.
Die Paragraphen 233a und 238 der Abgabenordung regeln, dass Steuerzahlungen die mit mehr als 15 Monaten Verspätung geleistet werden, in der Folgezeit mit 0,5 Prozent im Monat, also sechs Prozent im Jahr verzinst werden müssen. Der Gesetzgeber hatte diese Regelung ursprünglich eingeführt, um säumigen Steuerzahlern den Vorteil zu nehmen, den sie haben, wenn sie das Geld bis zur Überweisung an den Fiskus anderweitig mit Gewinn anlegen. Dies sei aber, so argumentieren Kritiker wie der Bund der Steuerzahler oder die Lohnsteuerhilfe Bayern, seit etlichen Jahren gar nicht mehr möglich.
Zusätzliche Einnahmen
Einziger Trost für alle, die sich über die Nachforderungszinsen ärgern: Der Zinssatz in Höhe von sechs Prozent gilt auch, wenn die Finanzämter eine Steuererstattung mit entsprechenden Verspätung zuerkennen. In all diesen Fällen bekommen die Bürger auch künftig die ihnen zustehende Erstattung mit sechs Prozent Guthabenzinsen überwiesen. Unter dem Strich profitiert durch dieses Urteil aber das Bundesfinanzministerium. Experten schätzen, dass die Regelung dem Fiskus jährlich per Saldo zwischen 1,5 und zwei Milliarden Euro zusätzliche Einnahme beschert.
Klage eines Insolvenzverwalters
Im Fall, den jetzt der Bundesfinanzhof entschied, hatte ein Insolvenzverwalter gegen die Nachzahlungszinsen geklagt. Im Rahmen einer Betriebsprüfung war im Jahr Herbst 2013 nachträglich seine Steuerschuld für das Jahr 2011 um über 300.000 Euro nach oben korrigiert worden. Er sollte deshalb für die Monate April bis September 2013 Zinsen in Höhe von fast 12.000 Euro zahlen. Der Bundesfinanzhof folgte in seiner Revisionsentscheidung dem erstinstanzlichen Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf: die Nachzahlungszinsen seien grundsätzlich nicht zu beanstanden. (AZ III R 10/16).