Die Festnahme der 25 Reichsbürger am vergangenen Mittwoch beunruhigt die Politik. Denn unter den Verdächtigen sind auch aktive und ehemalige Polizisten, Soldaten und eine frühere Bundestagsabgeordnete der AfD. Deshalb laufen heute mehrere Sondersitzungen im Bundestag: im Rechtsausschuss, Innenausschuss und im Parlamentarischen Kontrollgremium. Ein Überblick, welche Fragen gerade diskutiert werden.
Braucht es schärfere Waffengesetze?
Geht es nach Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) lautet die Antwort: Ja. Sie will in Kürze ihre Vorschläge präzisieren. Neu sind sie nicht. Schon im vergangenen März hatte Faeser einen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus vorgelegt. Darin heißt es: Wir wollen "den Waffenbesitz von Extremisten und auch von psychisch kranken Menschen wirksam verhindern". Dabei geht es vor allem um einen besseren Informationsaustausch zwischen den Behörden.
Die Grünen unterstützen Faeser. Die FDP hält die bestehenden Regeln aber für ausreichend, um Reichsbürger zu entwaffnen. Fraktionsvize Konstantin Kuhle sagt, der Staat dürfe sich nicht gegen rechtstreue Sportschützen und Jäger wenden. Die Waffenbehörden brauchen seiner Meinung nach aber mehr Personal. Ob ein schärferes Waffenrecht kommt, ist also fraglich.
Fakt ist: Bis Ende 2021 haben die Behörden bundesweit schon mehr als 1.000 Reichsbürgern die Waffen abgenommen.
Bayerns Innenminister will mehr Waffenkontrollen
Mehr Kontrollen in der Reichsbürger-Szene und beim Waffenbesitz fordert auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). "Klar ist auf jeden Fall, die Zahl der Kontrollen muss erhöht werden", sagte der CSU-Politiker.
Bayerische Sicherheitsbehörden haben von Oktober 2016 bis Mitte dieses Jahres sogenannten Reichsbürgern im Freistaat 911 Schusswaffen weggenommen. Dazu zählten sowohl Fälle, in denen die Behörden Waffenscheine und Besitzkarten widerrufen haben, als auch solche, in denen Menschen vor diesem Schritt freiwillig auf ihre Erlaubnis verzichtet hätten, teilte das Innenministerium am Montag in München mit. Insgesamt gehe es um 477 Waffenerlaubnisse.
Es werde demnächst eine neue Empfehlung an die Oberbürgermeister und Landräte im Freistaat geben, wie sie "mit diesem Thema umgehen sollen", so Herrmann. In Bayern sind die kreisfreien Städte und Landratsämter als Waffenbehörden für die Kontrollen bei registrierten Waffenbesitzern zuständig.
Video: Herrmann will schärfer gegen illegale Waffen vorgehen

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann
Wie umgehen mit Demokratiefeinden im Staatsdienst?
Ob Bundeswehr, Polizei oder Justiz – sie sind zentral für das Funktionieren des Staates. Bundesinnenministerin Faeser erneuert deshalb ihren Plan, das Disziplinarrecht zu verändern. Auch das war schon Teil ihres Aktionsplans gegen Rechtsextremismus aus dem Frühjahr. Faeser will ihren Entwurf noch dieses Jahr im Kabinett besprechen.
Meist dauert es mehrere Jahre, bis Extremisten aus dem Staatsdienst entfernt sind. Um das zu beschleunigen, sollen künftig keine Verfahren bei Verwaltungsgerichten mehr nötig sein. Die zuständigen Behörden könnten die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder eine Zurückstufung alleine beschließen. Die Betroffenen könnten erst danach gerichtlich dagegen vorgehen.
Künftig soll außerdem eine Verurteilung wegen Volksverhetzung von mindestens sechs Monaten ausreichen, um Beamtenrechte zu verlieren. Bisher setzt das eine Freiheitsstrafte von mindestens einem Jahr voraus.
Unterstützung bekommt Faeser bei diesem Vorhaben auch aus der Opposition. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt zum Beispiel spricht sich dafür aus, Beamte aus dem Staatsdienst zu entfernen, wenn jemand den Staat grundsätzlich ablehnt.
Wer darf künftig in den Bundestag?
CDU-Generalsekretär Mario Czaja will, dass frühere Bundestagsabgeordnete der AfD überprüft werden, ob sie weiter in den Bundestag dürfen. Ehemalige Abgeordnete haben weiter einen Hausausweis, mit dem sie das Parlament jederzeit betreten dürfen. Das galt bis vergangenen Mittwoch auch für die frühere AfD-Abgeordnete Birgit Malsack-Winkemann. Ihren Hausausweis hat die Bundestagsverwaltung aber nach ihrer Festnahme gesperrt.
Über die Zugangsregeln entscheidet der Ältestenrat des Bundestags. Er dürfte diese Woche auch die Regeln für Gäste der Abgeordneten besprechen. Bisher dürfen Abgeordnete bis zu sechs Gäste mit ins Parlament bringen. Sie müssen dabei zwar eine Sicherheitsschleuse passieren, allerdings werden sie vorab nicht von der Bundestagspolizei auf ihre Zuverlässigkeit überprüft – so wie es beispielsweise bei Mitarbeitern, Handwerkern oder Journalisten üblich ist.
Wie kann man Extremismus vorbeugen?
Fachleute weisen darauf hin, dass der Kampf gegen Extremismus schon in Kita und Schule ansetzen muss. Schon der frühere Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) plante deshalb ein Demokratiefördergesetz. Er wurde dabei allerdings von den eigenen Leuten in der Unionsfraktion im Bundestag ausgebremst.
Jetzt unternimmt Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) einen neuen Anlauf. Sie macht sich dafür stark, den vorhandenen Gesetzentwurf übermorgen im Kabinett zu beraten. Im Kern geht es beim Demokratiefördergesetz darum, dass Initiativen gegen Extremismus auf eine dauerhafte finanzielle Unterstützung des Staates bauen können. Bisher müssen sich diese in der Regel von Projekt zu Projekt hangeln. Eine dauerhafte Demokratieförderung ist so oft nicht möglich.
Fazit:
Durch die Festnahme der 25 "Reichsbürger" in der vergangenen Woche bekommen langfristige politische Vorhaben gegen Rechtsextremismus neuen Schwung. Neu sind die Diskussionen darüber aber nicht.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!