Ein Autokonvoi ethnischer Armenier aus Berg-Karabach flieht über den Lachin-Korridor nach Kornidzor
Bildrechte: Vasily Krestyaninov/AP/dpa
Videobeitrag

Ein Autokonvoi ethnischer Armenier aus Berg-Karabach flieht über den Lachin-Korridor nach Kornidzor in Armenien.

Videobeitrag
>

Nach Offensive Aserbaidschans: Bergkarabach wird aufgelöst

Nach Offensive Aserbaidschans: Bergkarabach wird aufgelöst

Nach der Niederlage der pro-armenischen Kräfte gegen Aserbaidschan hat die Verwaltung von Bergkarabach ihre Selbstauflösung angekündigt. Die selbsternannte Republik werde ab dem 1. Januar 2024 nicht mehr existieren. Zehntausende Armenier fliehen.

Über dieses Thema berichtet: Nachrichten am .

Im Konflikt um die überwiegend von Armeniern bevölkerte Region Bergkarabach in Aserbaidschan hat die dortige Verwaltung ihre Auflösung angekündigt. Die Regierung der selbsternannten Republik Bergkarabach teilte mit, zum 1. Januar 2024 "alle staatlichen Institutionen und Organisationen" in der Kaukasusregion aufzulösen. Bergkarabach werde damit "aufhören, zu existieren". International anerkannt waren die Strukturen dort nicht. Die armenische Regierung warf Aserbaidschan eine "ethnische Säuberung" vor.

Aserbaidschanische Militäroffensive in Bergkarabach

Am 19. September hatte Aserbaidschan eine großangelegte Militäroffensive in Bergkarabach gestartet. Bereits einen Tag später mussten sich die pro-armenischen Kämpfer der Region geschlagen geben und Aserbaidschan verkündete den Sieg über das Gebiet. Völkerrechtlich gehört es zu Aserbaidschan, dort leben allerdings überwiegend ethnische Armenier. Diese hatten Bergkarabach mithilfe der armenischen Regierung drei Jahrzehnte lang weitgehend kontrolliert.

Aserbaidschan hatte am Sonntag nach Monaten die einzige Straße aus Bergkarabach nach Armenien wieder geöffnet. Die Blockade hatte die humanitäre Lage für die Menschen in der Region erheblich verschlechtert.

Am Mittwoch hieß es aus Aserbaidschans Hauptstadt Baku, bei der Militäroffensive seien 192 aserbaidschanische Soldaten und ein Zivilist getötet worden. Mehr als 500 weitere aserbaidschanische Soldaten seien zudem verletzt worden, erklärte das Gesundheitsministerium. Die pro-armenische Seite hatte 213 Tote vermeldet, darunter auch Zivilisten. Die aserbaidschanische Regierung hatte außerdem zugesagt, die Rechte der rund 120.000 Armenier in Bergkarabach respektieren zu wollen.

Wie viele Armenier jetzt fliehen und was das bedeutet

Die Armenier fürchten nach eigenen Angaben jedoch Verfolgung. Inzwischen hat mehr als die Hälfte der von ihnen Bergkarabach verlassen. Bislang seien 65.036 Menschen von dort in Armenien angekommen, teilte die Sprecherin des armenischen Ministerpräsidenten Nikol Paschinjan am Donnerstag mit. Insgesamt leben in dem inmitten von Aserbaidschan gelegenen Gebiet 120.000 ethnische Armenierinnen und Armenier. Seit dem aserbaidschanischen Militäreinsatz in Bergkarabach versuchen Tausende Menschen, die Region zu verlassen.

Für Armenien ist der Zustrom aus Bergkarabach eine Herausforderung. In dem Land selbst leben nur 2,8 Millionen Menschen – und die Zahl derer, die Bergkarabach verlassen, steigt rasch an.

Armeniens Präsident: "Akt ethnischer Säuberung"

Der armenische Ministerpräsident Nikol Paschinjan forderte den Beistand der internationalen Gemeinschaft: "Unsere Analyse zeigt, dass es in den nächsten Tagen keine Armenier mehr in Bergkarabach geben wird", so Paschinjan am Donnerstag auf einer Kabinettssitzung.

"Dies ist ein Akt der ethnischen Säuberung, vor dem wir die internationale Gemeinschaft gewarnt haben", sagte Paschinjan. "Wenn auf die Verurteilung (durch die internationale Gemeinschaft) keine angemessenen politischen und rechtlichen Entscheidungen folgen, werden diese Verurteilungen zu Akten der Zustimmung zu den Geschehnissen."

Baerbock für internationale Beobachter in Bergkarabach

Auch Bundesaußenministerin Baerbock hatte sich für die Entsendung internationaler Beobachter nach Bergkarabach ausgesprochen. "Niemand weiß wirklich, wie es den Menschen dort ergeht und was sie durchmachen müssen", erklärte die Ministerin am Mittwoch in Berlin. "Es braucht jetzt Transparenz und die Augen und Ohren der internationalen Gemeinschaft vor Ort. Gemeinsam mit unseren Partnern werden wir mit aller Kraft daran arbeiten, so rasch wie möglich Beobachterinnen und Beobachter zu entsenden."

Sie appellierte an Baku, eine solche Entsendung zu akzeptieren. Wenn Aserbaidschan diese Beobachter zuließe, würde das Land einen "Vertrauensbeweis" erbringen, dass es die "Zusagen für die Sicherheit und das Wohl der Menschen" ernst meine, fuhr Baerbock fort.

Zudem solle die humanitäre Hilfe "noch einmal deutlich" aufgestockt werden. Die zusätzlichen Mittel für das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) würden von zwei auf fünf Millionen Euro erhöht, erklärte die Ministerin. Nach der monatelangen Blockade fehle es noch immer an fast allem, "was es für ein Leben in Würde braucht: Lebensmittel, Medikamente oder Sanitärprodukte", so Baerbock.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!