Helfer suchen nach dem Erdbeben im türkischen Gaziantep nach Verletzten und Vermissten, aufgenommen am 06.02.23.
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Helfer suchen nach dem Erdbeben im türkischen Gaziantep nach Verletzten und Vermissten, aufgenommen am 06.02.23.

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Nach Erdbeben: Türkei und Syrien erhalten Hilfe aus aller Welt

Nach dem Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet mit über 2.300 Todesopfern schickt die EU erste Rettungsteams. Die USA, Deutschland, Israel, Russland und mehrere andere Staaten wollen ebenfalls helfen. Auch aus Bayern könnte Hilfe kommen.

Die EU entsendet Rettungsteams in das Erdbebengebiet in der Türkei und in Syrien. "Nach dem Erdbeben in der Türkei heute Morgen haben wir den EU-Zivilschutzmechanismus aktiviert", kündigte der für Krisenmanagement zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic auf Twitter an. Rettungsteams unter anderem aus Kroatien, Frankreich, Griechenland, Ungarn, Polen und den Niederlanden seien bereits auf dem Weg. Das EU-Koordinierungszentrum für Notfallmaßnahmen koordiniere den Einsatz der europäischen Helfer, schrieb Lenarcic.

Das EU-Satellitensystem Copernicus sei aktiviert worden, um Aufnahmen vom Katastrophengebiet bereitzustellen, hieß es weiter. Der europäische Katastrophenschutz bündelt seit 2001 die Kapazitäten der 27 EU-Länder sowie acht weiterer Staaten. Jedes Land der Welt, aber auch die Vereinten Nationen und andere Organisationen können in Notfällen um Unterstützung bitten. Mehrere Regierungen in der EU sagten ebenfalls Unterstützung zu. "Deutschland wird selbstverständlich Hilfe schicken", schrieb Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf Twitter.

Faeser kündigt THW-Unterstützung an

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte erste Soforthilfen für das Erdbebengebiet an. Die Lieferung von Notstromaggregaten, Zelten und Decken werde bereits vom Technischen Hilfswerk (THW) vorbereitet. Auch Notunterkünfte und Anlagen zur Wasseraufbereitung könnten bereitgestellt werden.

"Wir werden alle Hilfen in Bewegung setzen, die wir aktivieren können", sagte Faeser. Deutschland stimme sich eng mit den EU-Partnern ab und werde "mit allen Mitteln helfen, die uns zur Verfügung stehen und jetzt am dringendsten benötigt werden". Sie habe darüber auch bereits mit dem türkischen Botschafter in Deutschland gesprochen. Am Mittag sollte im Auswärtigen Amt ein Krisenstab tagen, um die Hilfe der Bundesregierung für die Erdbebenregion zu koordinieren. Die schwedische EU-Ratspräsidentschaft berief für den Abend ein Sondertreffen auf Expertenebene ein.

Auch Diakonie und Welthungerhilfe unterstützen

Auch deutsche Hilfsorganisationen haben erste Unterstützungsmaßnahmen eingeleitet. Die Diakonie Katastrophenhilfe stellte für Nothilfemaßnahmen "in einem ersten Schritt 500.000 Euro" bereit, wie das Hilfswerk der evangelischen Kirche mitteilte. Ein Team eines türkischen Partners sei auf dem Weg in die stark betroffene Region Hatay. Die Welthungerhilfe stellt vorerst 100.000 Euro Soforthilfe bereit. Beide Hilfsorganisationen riefen zu Spenden auf.

"Es muss sichergestellt werden, dass die Überlebenden bei derzeit einstelligen Temperaturen eine Unterkunft finden", sagt Bilge Menekse, Programmkoordinatorin der Diakonie Katastrophenhilfe für die Türkei. Auch auf der syrischen Seite seien die Zerstörungen enorm, erklärte die Diakonie weiter. "Aufgrund des Konflikts in dem Land waren bereits vor den Erdbeben hunderttausende Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen." Auch hier sei eine Partnerorganisation in die Gebiete entsandt worden.

"Schreckliche Bilder": Große Solidarität in Europa

Auch der französische Präsident Emmanuel Macron stellte Notfallhilfe für die Bevölkerung in der Türkei und in Syrien in Aussicht. Angesichts der "schrecklichen Bilder aus der Türkei und aus Syrien" seien seine Gedanken bei den trauernden Familien, erklärte Macron in Paris. Belgien, Polen, Spanien und Finnland zeigten sich ebenfalls bereit, Rettungsteams in die Region zu entsenden. Zudem erklärten sich die USA bereit, Hilfe zu leisten.

Russland sagte beiden Ländern ebenfalls Hilfe zu. In den kommenden Stunden sollen Rettungskräfte vom russischen Zivilschutz nach Syrien geflogen werden, wie der Kreml am Nachmittag mitteilte. Präsident Wladimir Putin habe bereits mit seinem syrischen Amtskollegen Baschar al-Assad telefoniert. Auch ein Gespräch mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan über konkrete Hilfsleistungen sei geplant, hieß es aus Moskau. Im Bürgerkriegsland Syrien gilt Russland als einer der wichtigsten Verbündeten von Machthaber Assad.

Hilfe von Ländern aus der Region

Die Türkei hat bisher nach eigenen Angaben Hilfsangebote von rund 45 Ländern bekommen. Nach dem schweren Erdbeben mobilisieren Länder auch der Region Hilfe. Unter anderem Griechenland, Israel und Ägypten boten ihre Unterstützung bei den Such- und Rettungsarbeiten an. Griechenland stehe bereit, schrieb Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis bei Twitter. Das ägyptische Außenministerium bot in einer Mitteilung sowohl der Türkei als auch Syrien seine Hilfe an.

Auch der israelische Staatspräsident Izchak Herzog bot in einer Twitter-Botschaft auf Türkisch Hilfe an: "Der Staat Israel ist immer bereit, mit allen Mitteln Hilfe zu schicken", erklärte er. "Unsere Herzen sind bei den Familien und dem türkischen Volk, die in dieser schmerzlichen Zeit trauern." Ministerpräsident Benjamin Netanjahu teilte kurz darauf mit, er habe "die Entsendung von Such- und Rettungsteams sowie von medizinischen Teams angeordnet".

In der Türkei und Syrien hat es am Montag starke Erbeben gegeben. Es gibt viele Tote und Verletzte.
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In der Türkei und Syrien hat es am Montag starke Erbeben gegeben. Es gibt viele Tote und Verletzte.

Steinmeier drückt sein Mitgefühl aus

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier drückte nach den schweren Erdbeben seine Trauer und sein Mitgefühl aus. Er hoffe, dass noch viele Menschen aus den Trümmern gerettet werden könnten, erklärte das deutsche Staatsoberhaupt. Seine Gedanken seien bei den Opfern, und seine Anteilnahme gelte deren Familien. Den Verletzten wünsche er rasche Genesung.

Özdemir twittert auf Türkisch

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir drückte den Betroffenen des verheerenden Erdbebens im türkisch-syrischen Grenzgebiet sein Mitgefühl aus. In einer bei Twitter veröffentlichten Video-Botschaft sagte der Grünen-Politiker zunächst auf Türkisch und dann auf Deutsch: "Wir trauern um die Erdbebenopfer in der Türkei und in Syrien. Unsere Gedanken sind bei den Opfern und den Angehörigen." Der Schwabe ist Sohn türkischer Einwanderer und wurde 2021 erster Bundesminister mit türkischer Migrationsgeschichte.

Erdbeben: Auch Hilfe aus Bayern denkbar

Hilfskräfte in Niederbayern und der Oberpfalz wären ebenfalls bereit, im Erdbebengebiet in der Türkei und in Syrien in den Einsatz zu gehen – etwa vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK). Wie der Sprecher des BRK-Bezirksverbands Niederbayern/Oberpfalz dem BR mitteilte, läuft derzeit eine bayernweite Ressourcenabfrage, welche Einheiten gegebenenfalls schnell verfügbar wären. Allerdings gebe es noch keine offizielle Anforderung vom Bundesinnenministerium. Vorstellbar sei ein Einsatz von Rettungshundestaffeln des BRK. Bayernweit gebe es rund 20 Trümmerhunde.

Die Hilfsorganisation Humedica aus Kaufbeuren im Allgäu will ein Einsatzteam in das Erdbebengebiet an der türkisch-syrischen Grenze schicken. Die Einsatzkräfte sollen so bald wie möglich im Katastrophengebiet helfen. "Ziel des Teams ist es, sich erst einmal einen Überblick zu verschaffen. Die Lage vor Ort ist unübersichtlich. Ein Wintersturm behindert die Rettungsarbeiten", teilte der Vorsitzende Johannes Peter mit.

Mit Informationen von dpa und AFP

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