Das Medienecho ist groß auf die abfälligen Nachrichten vom Springer-Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) bezeichnete die Äußerungen von Döpfner über Ostdeutsche als "arrogant und unverschämt".
Einige Politiker fordern bereits den Rücktritt, wie Carsten Schneider (SPD), der Ostbeauftragte der Regierung: "Das, was Herr Döpfner gesagt hat, das denkt er. Das ist die typische, ich muss das leider sagen, vorurteilsbeladene Denke vieler westdeutscher Konzernchefs insbesondere Männern über 60. Da gibt es für mich nur eine Konsequenz: Zurücktreten."
Ramelow spricht von Menschenverachtung
Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) reagierte mit Empörung: "Es ist unglaublich, aber es offenbart nur eine geistige Haltung, die man jeden Tag in diesen Blättern auch spüren kann. Ich plädiere ja dafür, dass man einen großen Warnaufdruck auf diese Zeitung machen sollte, damit deutlich wird, dass dieses Druckexemplar viel Menschenverachtung enthält."
Die wahre Haltung von Döpfner?
Die Wochenzeitung "Die Zeit" hatte vergangene Woche Textnachrichten des Springer-Chefs Mathias Döpfner veröffentlicht, in denen er Ostdeutsche als Kommunisten und Faschisten bezeichnete. Er begrüßt darin den Klimawandel und spielt Corona als Grippe herunter. Außerdem wünschte er sich eine FDP-freundliche Berichterstattung von seinen Journalisten vor den letzten Bundestagswahlen.
Der Medienwissenschaftler Stephan Weichert findet, man bekomme einen Einblick in das Innenleben und die wahre Haltung von Mathias Döpfner. Allerdings wisse man wenig über den Kontext der meisten Nachrichten, so Weichert.
Angst der Politiker vor der "Bild"-Zeitung?
Bislang gibt es Reaktionen von Landespolitikern, von Bundestagsabgeordneten, vom Ostbeauftragten der Regierung. Warum aber äußerst sich sonst niemand aus der ersten Reihe der Politik? Es geht schließlich um ein meinungsstarkes Medienhaus in Deutschland mit großer Macht in der deutschen Medienlandschaft. Haben Politiker Angst vor der Bild und dem Springer-Verlag? Angst, es sich zu verscherzen oder in der Zukunft angegriffen zu werden?
Medienwissenschaftler Weichert findet es grundsätzlich richtig, wenn sich die Politik nicht einmische und Rücktritte fordere. Die Bildgruppe habe eine enorme Macht: "Es kann natürlich sein, dass der ein oder die andere auch durchaus etwas angstvoll jetzt darauf schaut und sozusagen auch in einem Akt der Selbstzensur eher vorsichtig ist mit öffentlichen Äußerungen, das kann ich mir sehr gut vorstellen, ist aber reine Spekulation."
Bild verliert an Auflage
Fakt ist: Die Auflage der "Bild"-Zeitung geht seit Jahren zurück. Die verkaufte Auflage lag im letzten Quartal 2022 laut Zahlen des IVW bei rund 1,1 Millionen Exemplaren. Vor zehn Jahren waren es noch mehr als doppelt so viele.
Und schaut man auf die letzten Monate und Jahre, war der Springer-Verlag sehr mit sich selbst beschäftigt: Ausländische Investoren, Stellenkürzungen, die Me-too-Affäre um den ehemaligen Chefredakteur Julian Reichelt, die noch nicht beendet ist, die Absetzung der gesamten Chefredaktion vor ein paar Wochen – und immer wieder krude Äußerungen des obersten Chefs Döpfner.
2021 zitierte die "New York Times" eine Textnachricht von Döpfner an den Autor Benjamin von Stuckrad-Barre, dort bezeichnete Döpfner den damaligen "Bild"-Zeitungs-Chef Reichelt als "letzten Journalisten in Deutschland", der noch mutig gegen den "neuen DDR-Obrigkeitsstaatsstaat" aufbegehre.
Wie relevant ist der Springerverlag noch?
Zusammengefasst: Auflagen gehen zurück, Skandale um die Führungsriege mehren sich. Heißt das, dass der Springer Verlag an Relevanz verloren hat? Medienwissenschaftler Stephan Weichert ist Mitgründer und Chef des Vocer Instituts für Digitale Resilienz. Er meint nein: "Der Springer-Verlag hat in Europa natürlich eine enorme publizistische Macht. Und durch die Ausweitung jetzt des Geschäfts in die USA wird der Verlag oder die einzelnen Titel, die da dranhängen noch mächtiger. Das darf man nicht unterschätzen. Diese Marktmacht ist vorhanden, die publizistische Macht ist sehr, sehr groß."
Was passiert mit Döpfner?
Und wenn Direktiven vom obersten Chef an die Redaktionen ausgegeben werden, so Weichert, habe das eine große Relevanz für die Medienlandschaft und für unsere Demokratie.
Die Macht von Springer und "Bild" bleibt, aber wie geht es weiter? Ist Döpfner als Chef eines so großen Medienhauses noch haltbar? Weichert hat seine Zweifel. Der Druck der US-Investoren könnte wachsen, so die Einschätzung des Medienwissenschaftlers. Das ganze Thema werde Döpfner noch einholen.
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