Akten liegen zum Prozessauftakt im Landgericht auf einem Tisch.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Swen Pförtner

Das Landgericht Mühlhausen sah keinen Angriff auf die freie Presse.

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Nach Angriff auf Journalisten: Bewährung und Auflagen

Vier Jahre nach dem Angriff auf Journalisten in Thüringen sind zwei Männer verurteilt worden, die der rechtsextremen Szene zugeordnet werden. Die Strafe blieb unter der Forderung der Anklage. Das Gericht sah keine gezielte Attacke auf die Presse.

Im Prozess um einen Angriff auf Journalisten sind zwei Männer in Thüringen zu Strafen verurteilt worden, die deutlich niedriger blieben, als von der Anklage gefordert. Einer der Angeklagten erhielt ein Jahr Haft auf Bewährung und muss 2.000 Euro an eine gemeinnützige Organisation zahlen. Der zweite Angeklagte war zum Tatzeitpunkt erst 18 Jahre alt und wurde nach dem Jugendstrafrecht verurteilt. Er muss 200 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.

Journalisten filmten Grundstück von Thüringer NPD-Chef

Laut Anklage haben die beiden Männer, die der rechtsextremen Szene zugeordnet werden, im April 2018 in der Region Fretterode in Thüringen zwei Journalisten verfolgt, die Bildaufnahmen vom Grundstück des damaligen Thüringer NPD-Vorsitzenden Thorsten Heise gemacht hatten. Daraufhin sollen sie das Auto der Opfer zerstört, ihre Ausrüstung geraubt haben und danach geflohen sein. Die Kammer stellte fest, dass die beiden heute 23 und 28 Jahre alten Angeklagten die Journalisten unter anderem mit einem Schraubenschlüssel, mit einem Baseballschläger und einem Messer attackierten und schwer verletzten.

  • Zum Artikel: "Pressefreiheit - Deutschland rutscht ab"

Gericht sieht keinen Angriff auf die freie Presse

Die Männer wurden der gemeinschaftlichen Sachbeschädigung und gefährlichen Körperverletzung schuldig gesprochen. Einen gezielten Angriff auf Journalisten oder auf die freie Presse sah das Landgericht Mühlhausen dagegen nicht. Zur Begründung hieß es, die Angeklagten hätten nicht wissen können, dass es sich bei den Opfern um Journalisten handelte. Die Kammer gehe davon aus, dass die Angeklagten die Journalisten als Angehörige der linken Szene identifiziert hätten, sagte die Vorsitzende Richterin.

Staatsanwaltschaft und Nebenkläger wollen weitere Rechtsmittel prüfen

Auch den Anklagevorwurf des schweren Raubes sah das Gericht nicht als erwiesen an. Das hatte die Staatsanwaltschaft ursprünglich gefordert. Sie wollte für den jüngeren der beiden Angeklagten außerdem eine Jugendstrafe von einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung und für den Älteren eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten erreichen. Die Verteidigung dagegen plädierte auf Freispruch. Das Urteil des Landgerichts ist noch nicht rechtskräftig.

Sowohl von Seiten der Staatsanwaltschaft als auch von Seiten der Nebenklage hieß es, man werde Rechtsmittel gegen die Entscheidung prüfen. Bei den Nebenklägern – den angegriffenen Journalisten – stieß das Urteil auf Protest: Einer der beiden verließ noch während der Begründung den Saal.

Journalistenverband: Signal in völlig falsche Richtung

Mit "großem Unverständnis" reagierte der Deutsche Journalisten-Verband in Thüringen auf das Urteil. Die Vorstandsvorsitzende Heidje Beutel sagte, die Tat sei nicht nur ein Angriff auf die beiden Journalisten gewesen, sondern ein "gezielter Einschüchterungsversuch" mit dem Ziel, Berichterstattung zu unterbinden. Sie befürchte eine Signalwirkung "in die völlig falsche Richtung", so Beutel.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!