Wenn Merve Kayikci mit ihrer Familie das Opferfest feiert, kommt nicht – wie traditionell vorgesehen – ein ganzes Tier auf den Tisch. "Das könnten wir ja gar nicht alles essen", sagt die 26-Jährige Moderatorin des BR Podcasts "Primamuslima". Ihre Familie spendet deshalb Geld, damit auch Muslime in ärmeren Teilen der Welt dieses Fest entsprechend feiern können.
Spenden für die Armen der Welt
Ein wichtiges Fest sei das Opferfest allemal, sagt der Erlanger Professor Mathias Rohe vom Erlanger Zentrums für Islam und Recht in Europa (EZIRE): "Das ist ein großes soziales Ereignis." Vor allem in ärmeren Teilen der Welt habe das Fest eine große Bedeutung. Bei einem Opferfest im Sudan seien ihm die Kinder schon auf der Straße entgegengelaufen und hätten ihm zugerufen: "Wir haben Fleisch gegessen, wir haben Fleisch gegessen."
"Was wäre so wichtig, dass ich es opfern würde?"
Merve Kayikci dagegen ist Vegetarierin. Die 26-Jährige versteht das Fest eher im übertragenen Sinn: Sie mache sich beispielsweise Gedanken, was ihr so wichtig sei, dass sie es Gott opfern würde.
Seinen Ursprung hat das Opferfest in einer Geschichte, die auch Christen aus dem Alten Testament kennen: Abraham erfährt im Traum, er solle seinen heißgeliebten Sohn Isaak opfern. Abraham stimmt zu, aber Gott entlässt ihn im allerletzten Moment aus seiner Pflicht und sagt, er solle statt seines Sohnes ein Tier schlachten. Traditionell sollte das Tier geschächtet – also ohne Betäubung – geschlachtet werden. So kann das Tier komplett ausbluten. Juden wie Muslimen ist es verboten, Blut zu verzehren. In Deutschland ist das Schächten eigentlich verboten, aus religiösen Gründen können aber Ausnahmegenehmigungen erteilt werden. Diese wurde in den vergangenen Jahren aber nur in drei Bundesländern erteilt.
Religionssoziologe: Die meisten Muslime in Deutschland akzeptieren Betäubung
Nach den Worten des Religionssoziologen Rauf Ceylan nehmen es die meisten Muslime in Deutschland nicht so streng mit den Speisevorschriften. "Die weitaus meisten Muslime in Deutschland akzeptieren mittlerweile Fleisch, das nach vorheriger Betäubung geschlachtet wurde", so der stellvertretende Direktor des Instituts für Islamische Theologie der Universität Osnabrück. Das gelte auch für das Opferfest.
In Deutschland verlange nur noch eine sehr kleine Gruppe orthodoxer Muslime die Einhaltung aller Regeln beim Schächten, zu denen neben dem betäubungslosen Schlachten bestimmte Riten wie das Sprechen von Gebeten gehörten. Diese Strenggläubigen bezögen ihr Fleisch in der Regel aus dem Ausland. "Einigen, auch frommen Muslimen reicht es aus, wenn das Fleisch von einem Angehörigen einer monotheistischen Religion - also auch einem Christen oder einem Juden - geschlachtet wurde", so Ceylan. "Die kaufen ihr Fleisch auch bei Edeka."
"Darüber spricht Bayern": Der neue BR24-Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!