Zwei der Bußgeldbescheide, die einem Münchner aus dem Ausland zugeschickt wurden.
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Zwei der Bußgeldbescheide, die einem Münchner aus dem Ausland zugeschickt wurden.

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München: Kampf gegen mysteriöse Bußgeldbescheide aus dem Ausland

Ein ungewöhnlicher Fall von Identitäts-Diebstahl: Seit einem Jahr kämpft ein Münchner gegen Bußgeldbescheide aus dem Ausland. Obwohl er mit seinem Auto nie in England oder Frankreich war, hat er von dort insgesamt 15 Bescheide zugeschickt bekommen.

Ein Münchner soll über ein Jahr hinweg mehr als ein Dutzend Verkehrsverstöße im Ausland begangen haben, in Großbritannien und in Frankreich. Nur: Mit seinem Auto war er nie dort. Sein Autokennzeichen ist offenbar kopiert worden; inzwischen ist es international zur Fahndung ausgeschrieben.

Die Bußgeldbescheide sind echt, das Auto ist falsch

Mal habe er Geschwindigkeiten im Raum Paris übertreten, mal in der englischen Grafschaft Kent keine Maut bezahlt: Seit Februar 2022 führt Martin Korth einen Kampf gegen die Bußgeldbescheide, die aus Frankreich und England an ihn nach München geschickt wurden. Sein anfänglicher Verdacht, die Bescheide seien ein Betrug, damit er Geld zahle an eine Bande von Gaunern, hat sich nicht bestätigt.

Die Bußgeldbescheide kamen tatsächlich von französischen und britischen Behörden, sie sind also echt. Einem Teil davon sind Blitzer-Fotos hinzugefügt. Darauf zu erkennen ist ein Mini mit einem Kennzeichen, das mit dem Nummernschild des Münchners identisch ist. Korth fährt allerdings gar keinen Mini, sondern einen Dacia.

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Anwaltsbriefe nach Frankreich und Großbritannien

Zweimal hat Martin Korth Anzeige bei der Münchner Polizei erstattet, die selbst nicht im Ausland ermittelt und die Anzeigen deshalb an die Münchner Staatsanwaltschaft weiterleitete. Von ihr hat der 55-Jährige zweimal die Nachricht erhalten, die Ermittlungen seien eingestellt worden, weil ein Täter nicht zu ermitteln gewesen sei. Danach kamen weitere Bußgeldbescheide bei ihm an.

Daraufhin nahm er sich einen Anwalt, mit dessen Hilfe ihm zehn Zahlungsaufforderungen aus Frankreich erlassen wurden. Eine Regelung mit den britischen Behörden steht noch aus. Obwohl die Ermittlungsbehörden in Frankreich nun wissen sollten, dass ein Duplikat eines Münchner Autokennzeichens überwiegend im Raum Paris unterwegs ist, bekommt Martin Korth weiterhin Mahnungen und Zahlungsaufforderungen. Irgendwo zwischen München und Paris waren die Ermittlungen offenbar im Sand verlaufen.  

Nummernschild international zur Fahndung ausgeschrieben

Um die Serie zu stoppen, hat sich der Münchner vor wenigen Tagen ein neues Autokennzeichen zugelegt. Sein bis dahin gültiges Nummernschild ist nun international zur Fahndung ausgeschrieben.

Wie ein Polizeisprecher auf BR-Anfrage mitteilte, kommt es rund ein Dutzend Mal pro Jahr vor, dass kopierte Kennzeichen beim Münchner Präsidium zur Anzeige gebracht werden, eine Häufung an Zahlungsaufforderungen aus verschiedenen Ländern wie in diesem Fall sei aber ungewöhnlich. Bis zur Klärung des Falls werde das nunmehr ungültige Kennzeichen nicht mehr neu vergeben.

Kosten für Anwalt und neue Kennzeichen bleiben

Für Martin Korth dürfte mit dem Wechsel seines Kennzeichens die Serie von Zahlungsaufforderungen aus dem Ausland zu Ende gehen. Für die unverschuldeten Verkehrsverstöße hat er zwar nicht bezahlt. Aber er bleibt auf den Kosten für seinen Anwalt und den Nummernschildwechsel vorerst sitzen. Sollte die Person mit dem kopierten Kennzeichen gefasst werden, ließe sich von ihr das Geld zivilrechtlich einklagen, was über internationale Grenzen hinweg allerdings ein kompliziertes Unterfangen sein dürfte.

Generell ist es nicht verboten, sich Kfz-Nummernschilder mit einer beliebigen Kombination bei Schilderdiensten pressen zu lassen. Illegal wird es, wenn ein Fahrzeug mit Kennzeichen ohne die vorgeschriebenen Plaketten im öffentlichen Verkehr bewegt wird.  

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