Bayern 2-radioWelt: Haben die EU und Deutschland jetzt ein Müll-Problem - oder gibt es längst Alternativen zu China?
Peter Kurth, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft: Ein Müll-Problem haben wir nicht, aber wir haben - was gut ist - eine sehr große Unterstützung der Bevölkerung bei der getrennten Sammlung von Abfällen. Wir haben auch sehr viele Kunststoffabfälle, die - wenn sie vernünftig aufbereitet sind - eine Rohstoffquelle darstellen. Und jetzt kommt es darauf an, dass wir diese Rohstoffe auch wieder in einen Produktionskreislauf führen. Das kann in Deutschland passieren, das kann aber auch im Ausland passieren. Und wenn wir über Rohstoffquellen reden, dann ist es nicht einzusehen, dass das nur im eigenen Land passieren muss. Aber China fällt als einer der großen Abnehmer von Sekundär-Rohstoffen in Zukunft wohl überwiegend aus. Und deswegen brauchen wir jetzt hier Alternativen.
radioWelt: Trifft dieses Verbot Deutschland jetzt härter als andere Länder, gerade weil die Bevölkerung so gut Müll trennt und so viel alten Kunststoff sammelt?
Peter Kurth: Die Bundesrepublik hat eine hohe Recyclingquote. Wir sammeln zunehmend sehr viele Abfälle getrennt, das ist sehr gut so. Doch damit haben wir auch ein Absatzproblem. Das heißt: Die Recyclingunternehmen, die Rohstoffe aus Abfällen aufbereiten, die müssen jetzt sehen, wo sie diese Sekundärrohstoffe absetzen. Und da ist unser Appell an die deutsche und an die europäische Politik, jetzt auch konsequent zu sein und wirkliche Kreisläufe in unserer Wirtschaft zu ermöglichen. Das heißt, nach Instrumenten zu suchen, wie wir mit den Produkten aus Recyclingprozessen auch wirklich wieder in die Produktion kommen. Das ist eine Herausforderung für eine vernünftige Wirtschaftspolitik. Und das ist unser Appell an die Bundesregierung und an die EU.
radioWelt: Sind in den Unternehmen die sekundären Rohstoffe nicht ganz so beliebt sind, weil sie möglicherweise teurer sind?
Peter Kurth: Das ist durchaus ein Problem! Unternehmen, die in hohem Umfang Kunststoffe einsetzen, haben natürlich ein Interesse, den jeweils preiswertesten zu nehmen. Und je anspruchsvoller ein Recyclingprozess ist, desto größer ist das Risiko, dass wir mit dem Primär-Rohstoff, etwa Öl, preislich nicht konkurrieren können. Ein weiteres Problem ist die Quantität: Viele Recycling-Anlagen sind nicht in der Lage, die Kunststoffmengen, die etwa Unilever und Procter & Gamble brauchen, herzustellen. Das heißt: Es muss nach Wegen gesucht werden, wie wir das Quantitäten-Problem lösen. Wir brauchen jetzt vernünftige Instrumente, die es ermöglichen, dass wir den Kreislauf wirklich schließen. Dafür steht Kreislaufwirtschaft. Das ist der Sinn der Recycling-Anstrengungen, denen sich die Bevölkerung und die Unternehmen in Deutschland unterziehen. Da brauchen wir jetzt die richtigen Instrumente.
radioWelt: Gibt es denn jetzt ein anderes Land, das Chinas Rolle übernehmen könnte?
Peter Kurth: Es gibt wahrscheinlich in Asien einige Länder, deren Nachfrage etwas zunehmen dürfte. Aber das ist ja nicht die Lösung. Die Lösung muss stattdessen sein, dass wir am Produktionsstandort Europa nach Wegen suchen, wie wir auf die Inanspruchnahme und Ausbeutung natürlicher Rohstoffe zunehmend verzichten und auf die vorhandenen Rohstoffe aus den Recycling-Prozessen zurückgreifen.