Mehr als 1.400 Kinder und Jugendliche sind in Einrichtungen katholischer Orden missbraucht worden. So eine Umfrage der Deutschen Ordensobernkonferenz. Es ist keine wissenschaftliche Studie, sondern eine Umfrage, die nun erstmals deutschlandweite Zahlen zu sexuellem Missbrauch in Einrichtungen der Orden liefert.
"Ich kann mir gut vorstellen, dass sich noch nicht alle Betroffenen an die Orden gewendet haben", sagte dazu Johannes-Wilhelm Rörig, unabhängiger Beauftragter der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs.
"Mir war schon klar, dass ein Großteil der Missbrauchsfälle im katholischen Bereich im Bereich der Ordensgemeinschaften stattfinden. Aber ich kann noch nicht einmal sagen, ob es nicht doch viel, viel mehr sind." Johannes-Wilhelm Rörig
Auch verjährtes Unrecht aufarbeiten
Der Missbrauchsbeauftragte Bundesregierung forderte im radioWelt-Interview auf Bayern 2 eine rasche Aufklärung der Fälle, die bis in die 1950er Jahre zurückreichen.
"Die Ordensobernkonferenz und die einzelnen Orden brauchen eine gute Struktur für die Aufarbeitung, so dass sowohl Zeitzeugen, als auch Personalakten gut ausgewertet werden können." Johannes-Wilhelm Rörig
Das sei ein ganz wichtiger Beitrag für Aufarbeitung von bereits verjährtem Unrecht, betonte Rörig. Als Konsequenz aus der Studie verlangte er, "dass jetzt die Schritte zur Aufarbeitung gegangen werden müssen".
"Betroffene müssen Entschädigung bekommen und es geht um die Anerkennung des großen Leids, das Mädchen und Jungen durch Mitglieder der Ordensgemeinschaften angetan wurde." Johannes-Wilhelm Rörig
Es sei "schon fast zu viel Zeit" vergangen, so Rörig. "Da müssen sich jetzt alle Orden am Riemen reißen. Und ich hoffe, dass sie auch nochmal starke Unterstützung von der Deutschen Bischofskonferenz bekommen. Die sind personell und finanziell besser aufgestellt."
Forderung nach einer gesetzlichen Berichtspflicht
Rörig sprach sich dafür aus, dass nicht nur die katholische Kirche über den Stand der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen informiert ist, sondern auch die Politik.
"Was ich wichtig finden würde, ist, wenn der Bundestag eine gesetzliche Berichtspflicht für das Amt des Unabhängigen Beauftragten, also für mein Amt, einrichten würde - eine Berichtspflicht gegenüber Bundestag, Bundesregierung und auch Bundesrat, so dass sich die politisch Verantwortlichen wirklich kontinuierlich mit einem der dunkelsten Kapitel unserer Gesellschaft auseinandersetzen." Johannes-Wilhelm Rörig
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