Wie ein Superstar wird Sebastian Kurz in München bei der EVP-Fraktionsklausur begrüßt. Kein Wunder: Der erst 31-jährige Bundeskanzler aus Österreich ist einer, der weiß, wie man als Vertreter einer konservativ-bürgerlichen Partei eine landesweite Wahl gewinnt.
Entsprechend selbstbewusst tritt Kurz auf. Seine Überzeugung: Die EU ist ein zu schwerer Tanker, der so nicht mehr zeitgemäß ist, nach seinen Worten nicht mehr ins 21. Jahrhundert passt. Österreichs Kanzler will ihn schlanker machen. Künftig soll es nur noch einen Standort für das EU-Parlament geben. Ebenso Abstriche an der Zahl der EU-Kommissare. "Wenn wir ehrlich sind, dann wissen wir, dass wir im Moment mehr Kommissare haben als eigentlich Zuständigkeiten zu vergeben sind", erklärte Kurz.
Hauptthema: die Migrationspolitik
Dass Österreichs Kanzler es ernst meint, zeigt sich schon allein an der Tatsache, dass sein Land ab Anfang Juli die EU-Ratspräsidentschaft ausüben wird. Er will - so sagt er - das Thema wirklich anpacken. Es dürften harte Verhandlungen werden, vor allem mit den kleineren Mitgliedsstaaten.
Hauptthema der österreichischen EU-Präsidentschaft soll die Migrationspolitik sein. Sebastian Kurz will die EU vor unkontrollierbaren Flüchtlingsströmen abschotten. Eine ungesteuerte Zuwanderung in die EU ist für ihn der Anfang vom Ende eines Europas ohne Grenzen. Nur wenn es gelänge, die Außengrenzen gemeinsam zu sichern, werde ein Europa ohne Grenzen nach innen weiter Realität bleiben, sagte Kurz und fügte hinzu: "Ich komme aus Österreich. Bayern ist unser wichtigster Partner. Nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich. Und trotzdem gibt es mittlerweile Grenzkontrollen zwischen Österreich und Bayern, weil sie aus Sicht der Bayern notwendig geworden sind."
EVP-Fraktion unterstützt rigide Haltung von Kurz
Mit seiner rigiden Haltung zur Sicherung der EU-Außengrenzen hat Österreichs Kanzler die Mitglieder der EVP-Fraktion hinter sich. Auch Fraktionschef Manfred Weber: Er bringt die nach seiner Ansicht notwendigen Inhalte einer europäischen Migrationspolitik auf einen kurzen Nenner: "Grenzschutz mit aller Härte und Entschlossenheit. Die Frage der Solidarität im Inneren, wie wir die organisieren, und Zuwendung zu Afrika."
Für diese Haltung schlägt Österreichs Kanzler Kurz und auch der EVP-Fraktion Kritik entgegen. Damit verlasse man Grundsätze der Asylpolitik, die nach dem Zweiten Weltkrieg unumstritten waren, heißt es. Damit verletze man auch die Grundsätze der Genfer Flüchtlingskonvention. Kritik, die der deutsche EU-Parlamentarier Markus Ferber von der CSU so nicht gelten lassen will. "Wir haben es im Wesentlichen mit Flüchtlingen zu tun, die nicht individuell verfolgt sind oder aus Kriegssituationen kommen, sondern die sich ökonomisch eine Perspektive suchen, die sie in ihrer eigenen angestammten Heimat nicht finden. Dafür ist weder die Genfer Flüchtlingskonvention noch das deutsche Asylrecht geschaffen worden", so Ferber.
Oettinger erklärt Finanzierung
Die Details zur Finanzierung einer solchen Politik hatte zuvor Haushaltskommissar Günther Oettinger vor den EVP-Parlamentariern skizziert. Sein Haushaltsentwurf für die Jahre 2021 bis 2027 sieht deutliche Mehrhausgaben im Bereich einer gemeinsamen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU vor. Unter anderem soll die Zahl der Einsatzbeamten der Grenzschutzagentur Frontex deutlich aufgestockt werden.