Die Frage nach dem Urlaub gehört dazu. Jedes Jahr, wenn sich die Bundeskanzlerin mit der traditionellen Pressekonferenz mit den Hauptstadtjournalisten in die Sommerpause verabschiedet, kommt unweigerlich auch die Frage: Freuen Sie sich auf den Urlaub?
"Ich will nicht verhehlen, dass ich mich jetzt freue, wenn ich ein paar Tage Urlaub habe und etwas länger schlafen kann. Aber ich klage überhaupt nicht." Angela Merkel, Bundeskanzlerin
Die Zeiten, sagte Merkel, seien eben fordernd.
Weniger Heiterkeit als früher
Ein Spruch, der zu dem Bild passt, das die Kanzlerin während der anderthalb Stunden im voll besetzten Saal abgab. Konzentriert, gut vorbereitet in den Details – egal, ob es sich um Klimaschutz und Diesel-Hardware handelt, um geopolitische Fragen und den Handelsstreit mit den USA. Dabei gab es weniger Lacher als sonst bei den Sommerpressekonferenzen üblich.
Der erste heitere Moment kam erst nach rund 60 Minuten, als Bundeskanzlerin Angela Merkel auf die Frage, was Präsident Donald Trump denn wohl gegen Deutschland habe, trocken antwortet: "Ja, ich nehme das erst mal zur Kenntnis…". Um dann nach vielen Details über Handelsüberschuss und Leistungsbilanz – Subtext: Trump hat nicht Recht – zu einer dann doch einfachen Antwort zu kommen: Es habe sicher etwas mit der ökonomischen Größe Deutschlands zu tun.
Merkel ist detailsicher und gelassen
Die Pressekonferenz war gespickt mit langen, überlegten Antworten – vorgetragen in fast betonter Ruhe. Merkel vermittelte die Botschaft: Angriffe prallen von ihr ab. Seien es die von Trump, seien es die aus der CSU und von deren Parteichef Horst Seehofer. Der Streit zwischen den Unionsparteien, der über ein Detail der Asylpolitik ausgetragen wurde, hat sich laut Merkel inhaltlich gelohnt. Und Seehofer habe doch ihre Richtlinienkompetenz als Kanzlerin akzeptiert.
Im Asylstreit war "Tonalität schroff"
Bei aller nüchternen Betrachtung des Streites, der das politische Berlin und den Rest der Republik tagelang in Atem gehalten hat, räumt Merkel aber auch eines ein: Der Streit habe auch Schaden angerichtet, er habe zu Politikverdrossenheit geführt: "Da würde ich sagen, die Tonalität war oft sehr schroff. Und ich messe der Sprache auch eine sehr, sehr große Bedeutung zu."
Verwahrlosung der Sprache
Auf die Frage nach den kurzen Halbwertszeiten, die die Aussagen des US-Präsidenten inzwischen haben, antwortete die Bundeskanzlerin: Die politische Kultur habe sich verändert. Auch getrieben durch die sozialen Medien, über die sich Informationen ganz anders als früher verbreiten lassen. Merkel mahnte die Journalisten, ihrer Verantwortung für richtige Berichterstattung gerecht zu werden. Jeder könne seinen Beitrag leisten. Sie auf alle Fälle achte sehr auf ihre Sprache und darauf, präzise zu sein.
NSU-Prozess
Ein dominantes innenpolitisches Thema war neben Pflege, der Hardware-Nachrüstung für Diesel-Autos und dem angekündigten Einwanderungsgesetz das Urteil im NSU-Prozess. Merkel ließ erkennen, dass für sie die rechte Terrorserie damit nicht abgehakt ist. Immer noch stehe die Frage im Raum, warum die Behörden nicht früher etwas bemerkt haben.
"Deshalb ist das ein sehr dunkler Fleck in der Geschichte der BRD, das ist überhaupt keine Frage. und deshalb darf man das Kapitel auch nicht einfach schließen." Kanzlerin Merkel zum NSU und zum NSU-Prozess
Das Leid der Angehörigen der Opfer, sagte Merkel, könne ein Gerichtsprozess allein nicht wieder gut machen.