Erstmals seit ihrer Wiederwahl erläuterte Bundeskanzlerin Merkel in einer Regierungserklärung ihr Programm für die nächsten vier Jahre. Doch zunächst folgte ein Rückblick: Die Debatte über die Zuwanderung in den Jahren 2015 und 2016 habe "unser Land gespalten und polarisiert“, sagte Merkel zu Beginn ihrer Rede. Und das, obwohl es den Deutschen so gut wie nie zuvor gehe. Das Land sei damals beispiellos gefordert gewesen. Der Ton sei seither rauer geworden. Es herrsche eine Verunsicherung in der Gesellschaft, die sich auch in der schwierigen und der längsten Regierungsbildung des Landes gespiegelt habe.
Antwort auf Seehofers Islam-These
Das Ziel der Regierungskoalition sei es, die Spaltung des Landes zu überwinden. Die Spaltung verläuft aber auch zwischen CDU und CSU in der Islam-Debatte. Horst Seehofer hatte im Zeitungsinterview geäußert, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Die Kanzlerin antwortete heute: Richtig sei, das Land habe eine christlich-jüdische Tradition. Genauso richtig sei aber, "dass mit den 4,5 Million bei uns lebenden Muslimen ihre Religion, der Islam, inzwischen ein Teil Deutschlands geworden ist.“
Fluchtursachen bekämpfen
Mit Blick auf die deutsche Außenpolitik gab sich Merkel selbstkritisch. Man habe vor der Flüchtlingswelle die Signale nicht ernst genug genommen. Die Konsequenz müsse sein, die Bekämpfung von Fluchtursachen voranzutreiben. Merkel verurteilte die Angriffe auf Ost-Ghouta in Syrien und kritisierte dabei das Assad-Regime sowie Russland, das den Angriffen zusehe. Die Kanzlerin sprach auch die türkischen Angriffe auf Afrin an. Sie seien inakzeptabel.
Kinderarmut in Deutschland „eine Schande“
Ein entscheidender Punkt im Koalitionsvertrag sei die Förderung der Familien, sagte Merkel. "Wenn wir Familien stärken, stärken wir den Einzelnen und gleichzeitig die Gemeinschaft“, betonte die Bundeskanzlerin. Ziel sei es vor allem, die Kinderarmut zu bekämpfen, die in einem reichen Land wie Deutschland eine Schande sei.
USA müssen mit Antwort rechnen
Merkel sprach sich zudem gegen Schutzzölle aus, die US-Präsident Donald Trump eingeführt hat. Sie setze Hoffnung in die laufenden Gespräche mit der US-Regierung. Sollte keine Lösung zustande kommen, würden aber auch Gegenmaßnahmen ergriffen.