Schülerinnen im Leseclub einer Grundschule (Symbolbild)
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Meidinger fordert "Konzentration auf Basics" an Grundschulen

Nach dem schlechten Abschneiden deutscher Grundschüler bei der Lese-Studie Iglu geht die Debatte um Konsequenzen weiter. Lehrerverbands-Präsident Meidinger fordert eine "Konzentration auf die Basics", ähnlich wie Bayerns Bildungsminister Piazolo.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

In Deutschland kann inzwischen jeder vierte Viertklässler nicht richtig lesen - das stellte kürzlich die internationale Grundschul-Lese-Untersuchung Iglu fest. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands fordert angesichts dieser sich verschlechternden Lesekompetenz weniger Fächer und eine Neustrukturierung des Unterrichts an den Grundschulen.

Englisch und Programmieren sollen weg

"Wir brauchen nicht nur weniger Fächer. Sondern auch innerhalb des Faches Deutsch mehr Konzentration auf die Basics", sagte Heinz-Peter Meidinger der "Bild"-Zeitung. Konkret gehe es darum, Schülern Lesen, Schreiben und Rechnen beizubringen.

Entscheidend seien somit die Fächer Deutsch, Mathe und Sachkunde. Daneben sollten nur noch Kunst, Musik und Sport angeboten werden. Englisch oder Programmieren beispielsweise sollten hingegen gestrichen werden, forderte Meidinger.

Die Einführung von Grundschul-Englisch sei zur Hälfte auf die Kosten vom Fach Deutsch gegangen, kritisierte er. "Und ich weiß auch nicht, ob es sinnvoll ist, Grundschulkindern so wie heute häufig Programmierprogramme in die Hand zu drücken, wenn sie noch kaum lesen und schreiben können", fügte er hinzu.

Mit der Lese-Kompetenz geht es bergab

Laut Iglu-Studie (Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung) lesen Grundschüler in Deutschland deutlich schlechter als vor 20 Jahren. Jedes vierte Kind in der vierten Klasse erreicht laut der Untersuchung nicht das Mindestniveau beim Textverständnis, das für die Anforderungen im weiteren Verlauf der Schulzeit nötig wäre.

Als Begründung nannten die Forscher unter anderem Einschränkungen der Corona-Pandemie, aber auch soziale Aspekte und einen Migrationshintergrund von Schülern. So hätten Viertklässlerinnen und Viertklässlern aus ärmeren Familien oder solche Kinder, bei denen Zuhause wenig oder gar kein Deutsch gesprochen werde, deutliche Nachteile

Rufe nach Sprachtests und Leseförderung

Unmittelbar nach Bekanntwerden der Iglu-Ergebnisse hatte Meidinger bereits für verpflichtende Sprachtests ab vier Jahren plädiert. Es gebe bislang kein Konzept gegen abfallende Leistungen von Kindern mit Migrationshintergrund, die Kürzung von Deutschstunden zulasten des Frühfremdsprachenlernens seien vor diesem Hintergrund bedenklich, kritisierte er.

Auch andere Bildungsverbände zeigten sich alarmiert. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Deutsche Philologenverband forderten einen Ausbau der Leseförderung. Es brauche flächendeckende Programme zur Sprachförderung schon in Kitas, so der Philologenverband. Die mangelnde Lesefähigkeit gefährde "nicht nur die gesellschaftliche Teilhabe zahlreicher Menschen, sondern auch den ganzen Wirtschaftsstandort Deutschland", betonte die Bundesvorsitzende Susanne Lin-Klitzing.

Piazolo: Priorität für "Rechnen, Schreiben, Lesen"

Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) forderte ähnlich wie nun Meidinger, die Grundschulen sollten sich stärker auf das Vermitteln von Kernkompetenzen konzentrieren. "Wir überfrachten teilweise auch, was Schule alles tun soll: Medienkompetenz, Berufsorientierung und viele, viele Projekte", sagte er am Mittwoch dem Bayerischen Rundfunk.

"Man muss sich auch vielleicht mehr auf die klassischen Dinge konzentrieren: Mathe, Rechnen, Lesen, Schreiben", forderte Piazolo angesichts der IGLU-Resultate. Es müssten Prioritäten gesetzt werden: Alles könne man nicht tun. "Man muss sich dann entscheiden: Was ist uns besonders wichtig", so der Kultusminister.

Im Audio: Michael Piazolo im BR-Interview

Kultusminister Piazolo
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Kultusminister Piazolo

Auch Bayerns Philologenverband will Deutsch statt Englisch

Einen konkreten Vorschlag dazu machte der Bayerische Philologenverband: "Eine Möglichkeit bestünde darin, die Englischstunden in der dritten und vierten Klasse für Deutschunterricht zu verwenden", erläuterte dessen Vorsitzender Michael Schwägerl.

"Dass jeder vierte Viertklässler nicht richtig lesen kann, ist alarmierend", sagte Schwägerl in Bezug auf das schlechte Abschneiden deutscher Grundschüler. Eine gute Lesekompetenz sei "Grundlage für eine erfolgreiche Schullaufbahn, für das spätere Berufsleben und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben".

Es sei daher dringend notwendig, dass Grundschulen die Sprache "Deutsch" verstärkt in den Mittelpunkt rücken, gerade weil immer mehr Schüler einen Migrationshintergrund haben: "Diese geraten ansonsten in Gefahr, abgehängt zu werden, was zu Frustration und Schulverdrossenheit führt." Es sei "Aufgabe des bayerischen Bildungssystems, dass jedes Kind die nötige Förderung erhält und keines zurückgelassen wird!"

Mit Informationen von KNA, AFP und dpa

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