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Landarzt mit Tasche und im weißen Kittel auf einer Landstraße vor einem Kornfeld. (Symbolbild)

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Medizinstudium: Wie sinnvoll ist eine "Landarzt-Quote"

Bei der Kultusministerkonferenz in Erfurt geht es heute auch um die "Landarztquote". Sie soll den Medizinermangel auf dem Land zu entschärfen, Aber kann das gutgehen? Von Moritz Pompl

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Georg Schlagberger ist Hausarzt auf dem Land, in Peterskirchen nördlich vom Chiemsee. Seit einem Jahr sucht der 62-Jährige einen Nachfolger.

"Es meldet sich alle vier Wochen jemand, der sagt, es ist wunderbar, und meldet sich dann nimmer." Dr. Georg Schlagberger

NRW führt Landarztquote 2019 ein

Weil der Ärztemangel auf dem Land immer schlimmer wird, sucht die Politik händeringend nach Lösungen, und schlägt eine Landarztquote vor. Nordrhein-Westfalen ist Vorreiter: Schon zum Wintersemester 2019 sollen nach dem Willen der Landesregierung bis zu zehn Prozent aller Medizinstudienplätze an zukünftige Landärzte gehen. Bayern hat ähnliche Pläne, wenn auch noch ohne konkreten Zeitplan.

Dabei halten Hausärzte auf dem Land, wie Georg Schlagberger, die Quote für politische Schönmalerei:

"Die Quote bringt uns kein Stück weiter. Wir werden dadurch vielleicht welche rekrutieren können, die sagen, ok, dann nehm ich den Studienplatz mit, wenn ich das schon krieg. Aber wie möcht ich das vertraglich machen? Lebenslang? Drei Jahre? Fünf Jahre? Dann bleibt er fünf Jahre, geht er woanders hin. Das ist nicht des was wir brauchen. Wir brauchen einen optimal ausgebildeten Allgemeinarzt der den Überblick behält." Dr. Georg Schlagberger, Allgemeinmediziner

Landpraxis muss attraktiver werden

Eine bessere Ausbildung an den Unis, mit mehr Professoren und mehr Kursen für Allgemeinmedizin: Genau das sieht auch der “Masterplan Medizinstudium 2020” vor, der vor rund einem Jahr von den Gesundheits- und Kultusministern beschlossen worden ist. Darin steht auch ein Pflichtpraktikum im letzten Studienjahr in einer Hausarztpraxis oder einer anderen ambulanten Einrichtung. Nur: Die Studenten, zum Beispiel Johannes von der LMU München, halten davon nichts.

Ihr Argument: Schon heute wird genug Allgemeinmedizin gelehrt:

“Ich glaube, es ist gar nicht mal die Aufgabe vom Medizinstudium den Bereich mehr abzubilden, sondern vielleicht von der Politik, die Allgemeinmedizin attraktiver zu machen", sagt Johannes. "Und ich glaube, da gäbe es andere Lösungen.” Medizinstudent Johannes

Mit Prämien locken?

Ein Ansatz: Förderprogramme für Ärzte, die freiwillig aufs Land gehen. Nordrhein-Westfalen will bis zu 60.000 Euro zuschießen, wenn Ärzte eine Landarztpraxis aufmachen. In Sachsen sind es in besonders bedürftigen Gegenden sogar bis zu 100.000 Euro. Nur: Der bisherige Erfolg solcher Programme war relativ bescheiden: In NRW gab es bislang auch schon 50.000 Euro. Aber in den letzten zehn Jahren wurden so nur rund 250 Praxen gefördert. Gleichzeitig sind jedes Jahr rund 400 Hausärzte in Rente gegangen.

Studenten: Landarztquote ist unattraktiv

Also doch die Landarztquote, um passende Bewerber anzulocken? Von den vom BR befragten Studenten der LMU München hätte sich darauf keiner eingelassen.

"Weil ich nicht glaub, dass man in so jungen Jahren so eine Entscheidung schon treffen kann. Ich sehe es wirklich problematisch, weil man dann vielleicht im Lauf des Studiums andere Fächer kennenlernt, die einen mehr reizen." Medizinstudent Johannes

Abgesehen davon ist völlig unklar - und auch im Gesetzentwurf der NRW Landesregierung nicht geklärt - wie ein Bewerber bestaft werden soll, wenn er sich doch irgendwann umentscheidet. Und der Dekan der LMU, Martin Fischer, glaubt sogar an einen möglichen Mißbrauch.

"Ich befürchte, dass diejenigen, die dann finanziell ausreichend Mittel zur Verfügung haben, sich dann freikaufen werden." Martin Fischer, Dekan an der LMU

Vorzeigebeispiel Holland

Landärzten wie Georg Schlagberger, die für ihre Patienten dringend einen Nachfolger suchen, wäre damit nicht geholfen. Er sieht als Lösung letztlich nur den ganz großen politischen Wurf: Das System Hausarzt radikal zu verändern.

"Das ist die beste Tätigkeit, die es gibt. Aber die Rahmenbedingungen sind eine Katastrophe. Man hätte doch ein Vorbild, und zwar Holland. Da gibt es dieses Problem nicht."

Denn dort ist der Hausarzt in fast allen Fällen der erste Ansprechpartner für die Patienten. Und hat dadurch einen ganz anderen Stellenwert als bei uns.