Péter Márki-Zay ist der Kandidat der Opposition in Ungarn. Im Wahlkampf hetzt er kreuz und quer durch Ungarn, tritt mal vor zwanzig, mal vor mehreren hundert Menschen auf. Er wirbt für Europa, wettert gegen Korruption, verspricht einen gerechten Sozialstaat und will damit die Wähler überzeugen. Das scheint ihm zu gelingen, jedenfalls bei denen, die zu seinen Veranstaltungen kommen können. Sein Problem - das reicht natürlich nicht. Aber wie soll er diejenigen erreichen, die er nicht persönlich treffen kann?
- Zum Artikel "Orban startet in den Wahlkampf mit Gegenwind"
Propaganda: Ungarn blüht nur wegen Orbán
Eine Frau in Záhony, einer Kleinstadt an der Grenze zur Ukraine, hat zwar schon von Márki-Zay gehört – aber er sei doch derjenige, der die Nebenkosten für die Miete hochtreiben wolle, sagt sie. Das weiß sie aus dem Fernsehen – dem staatlichen Fernsehen.
Das aber verbreitet nur Orbán-Propaganda, ebenso wie das staatliche Kossuth-Radio: Hier spricht der Ministerpräsident persönlich, fast jeden Freitag, "Freitagspredigt" spottet die Opposition. Auch die Presse ist weitgehend gleichgeschaltet, gleiche Aufmacher, gleiche Inhalte, ungarnweit. 80 Prozent der Medien in Ungarn sind in der Hand von Orbán-Freunden.
Wer sich nur da informiert, bekommt den Eindruck, allein Orbáns Fidesz-Patei habe das schöne Ungarn erfunden - und Ungarn bleibe nur schön, wenn Fidesz weiter regieren kann. Das Wirtschaftswachstum ist historisch hoch, deshalb bekommen Familien großzügig Einkommenssteuer zurück, 120.000 neue Notebooks für Schulen wurden verteilt – solche Meldungen kommen an.
Gleichschaltung wie im Kommunismus
Kolomann Brenner gehört zum Anti-Orbán-Bündnis, sechs sehr unterschiedliche Parteien von Links- bis Rechtsaußen. Brenner steht für die rechte "Jobbik"-Partei – er mag solche Nachrichten nicht mehr länger hören: "Ich bin in einem kommunistischen Einparteienstaat groß geworden, ich erkenne die Muster. So will ich nicht sterben, in einem Einparteienstaat, wo man in den Medien erzählt, alles ist schön und gut, und man sieht die Realität auf der anderen Seite."
Opposition verteilt Flugblätter
Die Realität wird auf Faltblättern verteilt, DIN A4: "Nyomtass te is" heißt auf Deutsch: "Druck auch Du es aus." Es ist eine kleine Zeitung, die beispielsweise schreibt, warum die Inflation galoppiert oder warum Kranke auf Wartelisten müssen, wenn sie operiert werden wollen.
Sie wird von Rentnern verteilt, die sagen, dass sie keine Nachteile am Arbeitsplatz mehr befürchten müssten. Und von Rita Bolla, die die Aktion organisiert. Heute klappern sie die Briefkästen in Dömos ab, an der Donau, bei Budapest, das könnte ein knapper Wahlkreis sein, sagt sie.
Fünf Minuten Sendezeit für Oppositionsführer
Fünf Minuten Sendezeit, am Vormittag, bekommt Péter Màrki-Zay dann doch im staatlichen Fernsehen. Fünf Minuten, alle vier Jahre, dafür sagt er "Danke" - mit bitterer Ironie.
Die OSZE schickt überdurchschnittlich viele Wahlbeobachter nach Ungarn. Sie urteilt, Ungarns Medienlandschaft sei von "systemischer, politischer Voreingenommenheit". Die Wahl in Ungarn sei demokratisch, aber nicht fair.
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