Bundesgesundheitsminister Lauterbach hat gefordert, dass künftig wieder mehr Medikamente in Europa produziert werden müssen (Symbolbild)
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Bundesgesundheitsminister Lauterbach hat gefordert, dass künftig wieder mehr Medikamente in Europa produziert werden müssen (Symbolbild)

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Lieferengpässe bei Medikamenten: Lauterbach will Regeln ändern

Wegen Lieferengpässen bei Medikamenten sollen die Preisregeln bei Kinder-Arzneien gelockert werden. Das plant Bundesgesundheitsminister Lauterbach. Währenddessen befürchten Ärztevertreter noch mehr Engpässe in der Kindermedizin über die Feiertage.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant als Reaktion auf Lieferengpässe bei Medikamenten deutliche Änderungen bei den Preisregeln für Kinderarzneimittel. Damit solle kurzfristig gegengesteuert werden, um einen sehr viel größeren Markt als heute zu erschließen, hieß es aus Ministeriumskreisen am Montagabend. So solle für bestimmte Präparate künftig das bis zu 1,5-Fache des "Festbetrags" von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden - also des maximalen Betrags, den sie für ein Arzneimittel bezahlen.

Kindermedikamente sollen wirtschaftlich attraktiver werden

Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete unter Berufung auf ein Eckpunktepapier des Ministeriums, eine solche bessere Vergütung solle nicht nur kurzfristig gelten, sondern Kindermedikamente auch dauerhaft wirtschaftlich attraktiver machen. Das solle dafür sorgen, dass keine Engpässe entstehen. Für bestimmte Krebsmedikamente und Antibiotika für Erwachsene seien ähnliche Maßnahmen geplant.

Lauterbach hatte Eckpunkte für einen Gesetzentwurf angekündigt, um Probleme bei Arzneimittellieferungen zu bekämpfen. Engpässe gab es zuletzt bei Kindermedikamenten wie Fieber- und Hustensäften. Auch Mittel für Erwachsene sind betroffen, etwa Krebsmedikamente und Antibiotika. Laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gibt es derzeit gut 330 Meldungen zu Lieferengpässen von Präparaten.

Holetschek: Apotheker sollen Fiebersaft selbst herstellen dürfen

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) wünscht sich angesichts des Medikamentenmangels gelockerte Vorgaben für die Herstellung von Medizin durch Apotheken. "Wir dürfen nichts unversucht lassen, um die Versorgung mit wichtigen Medikamenten wie Fiebersäften für Kinder kurzfristig und unbürokratisch über die Weihnachtstage zu stabilisieren", teilte er am Dienstag in München mit.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) solle deshalb die gesetzlichen Hürden senken, damit Apotheken selbst Fiebersäfte auf Vorrat ohne Nachweis häufiger ärztlicher Verschreibungen herstellen könnten, forderte der Minister. Dafür müsse das Arzneimittelgesetz geändert werden. Apotheker könnten so pro Tag bis zu 100 Packungen Fiebersaft auf Vorrat herstellen, sagte Holetschek. Als weitere Maßnahme schlug er vor, wenn nötig die Bundeswehr für die Lieferung und Beschaffung von Arzneimitteln zur Unterstützung zu holen.

Ärztevertreter: Verschärfung der Lage in Kindermedizin befürchtet

Ärztevertreter befürchten eine Verschärfung der Engpässe in der Kindermedizin über Weihnachten und Silvester. "Im Moment beobachten wir, dass Infektionen mit dem RS-Virus zurückgehen, dafür kommen jetzt immer mehr Kinder mit Grippe und anderen Atemwegserkrankungen", sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, Jörg Dötsch, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Durch die Personallage an den Feiertagen wird die Lage in Kliniken und Praxen gleichzeitig noch einmal angespannter sein als jetzt."

Auch der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, warnt vor weiter steigendem Druck über den Jahreswechsel. "Ich gehe davon aus, dass diese akute Krise in der Kindermedizin noch bis Februar andauert", sagte er. Die Zahl der Infektionsfälle werde nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen voraussichtlich in den kommenden Wochen noch weiter steigen. "Gleichzeitig geraten die Kinderkliniken über die Feiertage durch ausgedünnte Dienstpläne zusätzlich unter Druck - zumal dann, wenn viele niedergelassene Kinderärzte ihre Praxen in dieser Zeit schließen oder die Sprechstunden reduzieren."

Corona-Infektionen verstärken akute Krisensituation

Die akute Krisensituation werde dadurch noch verschärft, dass das Coronavirus weiterhin für "massenhafte Infektionen und Ausfälle" sorge, sagte Montgomery.

Wer sich und seine Kinder schützen wolle, sollte dort, wo das Ansteckungsrisiko hoch sei, möglichst freiwillig eine Maske tragen.

Viele Arzneien fehlen, etwa Erkältungsmedikamente und Antibiotika.
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Die Versorgungslage in den Apotheken sei "desaströs", sagt Josef Kammermeier vom Bayerischen Apothekerverband.

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