Wenn am Dienstag die G7-Staatschefs Schloss Elmau wieder verlassen werden, dann wird es nur dann ein guter Gipfel gewesen sein, wenn sich die sieben auf "irgendetwas Vorzeigbares" geeinigt haben. Das sagt Robert Schlögl, Vizepräsident der Leopoldina im BR24 Interview der Woche. Seine Mahnung: Es reiche nicht mehr, wenn es nur bei einem Bekenntnis zum Klimaschutz bleibe.
"Leute nicht für dumm verkaufen"
Noch beim letzten G7-Gipfel vor einem Jahr in Cornwall hielten die G7 mit Blick auf die Erderwärmung am 1,5-Grad-Ziel fest. Dieses ist aus Sicht des Wissenschaftlers aber eher eine "politische Hülse". Wissenschaftlich seien wir bereits jenseits des 1,5-Grad- und wahrscheinlich auch des 2-Grad-Ziels. Er verstehe die Politik, dass sie sich Ziele setze. Das sei genauso wichtig wie bei einer Diät. Aber diese müssten erreichbar sein. Man dürfe die Menschen "nicht für dumm verkaufen", indem man sich mit wissenschaftlich unhaltbaren Zielen beschäftige.
Den von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vorgeschlagenen Klimaclub bewertet der Leopoldina-Vizepräsident positiv. Die Idee dahinter: Die G7 verpflichten sich, bis 2050 klimaneutral zu wirtschaften und legen einen einheitlichen Preis für ihren CO2-Ausstoß fest. Wer nicht Mitglied im Club werden will, muss mit Strafzöllen rechnen. Scholz gab sich vorab bei seiner Regierungserklärung im Bundestag optimistisch, dass die Klimaclub-Idee von den G7 in Oberbayern "aufs Gleis gesetzt wird". Mit einer kompletten Umsetzung der guten Idee rechnet Schlögl auf Schloss Elmau aber nicht.
Weg von fossilen Energieträgern
Die Reduktion von Kohlendioxid ist für den Vizepräsidenten der Leopoldina die dringlichste Maßnahme zum Klimaschutz. Verbunden mit großen Investitionen weltweit vor allem in die Infrastruktur, um alternative Energiequellen zu erschließen und Transportwege für sie einzurichten. Den G7-Staaten käme hier eine wesentliche Rolle zu.
Dem Süden die Schulden erlassen?
Positiv sieht Schlögl die Initiative "Debt for climate", zu der zum G7-Gipfel zahlreiche Organisatoren aufrufen. Die Initiatoren fordern, dem globalen Süden die Schulden zu erlassen, wofür die Länder dann fossile Rohstoffe im Boden lassen und dadurch dem Klimaschutz helfen. Wichtig sei dabei aber: ein politisches Instrument zu schaffen, mit dem man überprüfen könne, ob sich Staaten auch daran hielten, fossile Energieträger nicht auszuschöpfen.
Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke "unsinnig"
Der Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken zur Sicherung der Energieversorgung erteilt Schlögl eine klare Absage. Diese sei zwar technisch möglich, aber klimapolitisch unsinnig. Es werde nichts anderes übrigbleiben, als kurzfristig auf Kohlekraftwerke zurück zu greifen. Er unterstützt dieses Vorhaben aus wissenschaftlicher Sicht ausdrücklich.
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