Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat angekündigt, dass die Maskenpflicht im Fernverkehr der Bahn zum 2. Februar ausgesetzt werden soll. Dieser Schritt sei mit dem Bundesländern abgesprochen.
"Müssen auf Eigenverantwortung setzen"
Lauterbach begründete diesen Schritt mit sinkenden Gefahren in der Corona-Krise. Die Infektionslage habe sich "stabilisiert", in der Bevölkerung gebe es inzwischen eine hohe Immunität, so der Minister. Es sei nicht mit einer weiteren Winter-Welle von Infektionen zu rechnen, ebenso wenig mit dem Auftreten neuer gefährlicherer Virus-Varianten. Die aktuelle Lage in den Krankenhäusern sei "angespannt, aber beherrschbar".
Lauterbach appellierte aber an die Reisenden, im Fern- und Nahverkehr freiwillig weiter Masken zu tragen. "Wir müssen einfach mehr auf Eigenverantwortung und Freiwilligkeit setzen", sagte er. Das gelte vor allem für vulnerable Menschen, so Lauterbach. "Die Krankheit darf nicht verharmlost werden", warnte er, Corona sei keine Erkrankung wie jede andere.
Ab dem 2. Februar sind Masken im Fernverkehr nicht mehr vorgeschrieben
Ende per Rechtsverordnung
Die bundesweiten Schutzmaßnahmen sind Teil des bis zum 7. April befristeten Infektionsschutzgesetzes, die Bundesregierung kann die Maßnahmen per Rechtsverordnung ganz oder teilweise aussetzen, was nun bei der Maskenpflicht im Fernverkehr geschieht. Neben den Regeln für den Bahnverkehr gilt derzeit bundesweit eine FFP2-Maskenpflicht in Einrichtungen des Gesundheitswesens sowie zusätzlich eine Testnachweispflicht für den Zutritt zu Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen.
Lauterbach hatte bereits am vergangenen Mittwoch ein vorzeitiges Ende der Maskenpflicht nicht mehr ausgeschlossen. "Es kann schon sein, dass wir die Maskenpflicht früher abschaffen", sagte er dem "Stern", wollte sich damals aber noch "nicht auf ein Datum festlegen".
Zustimmung bei FDP und Grünen
In den Parteien der Ampel-Koalition stieß das bevorstehende Ende der Maskenpflicht auf Zustimmung. "Es ist den Menschen nicht vermittelbar, warum es Unterschiede geben soll zwischen ÖPNV und Fernverkehr oder dem Flugverkehr", sagte Verkehrsminister Volker Wissing (FDP): "Deswegen begrüße ich die Vereinheitlichung - nicht nur für die Fahrgäste, sondern auch für das Personal."
Finanzminister Christian Lindner (FDP) schrieb bei Twitter, das Ende der Maskenpflicht im Fernverkehr sei "richtig und konsequent". Die Corona-Maßnahmen liefen nun aus und die "Selbstverantwortung" kehre auch beim Gesundheitsschutz zurück, so Lindner. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) schrieb zu Lauterbachs Ankündigung bei Twitter: "Das begrüße ich sehr! Die Fortschrittskoalition funktioniert."
Dahmen mahnt zur Vorsicht
Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen signalisierte ebenfalls Zustimmung: "Die Maske ist weiter ein sinnvoller Schutz, aber auf der Endstrecke der Pandemie können wir aus der Pflicht eine Empfehlung machen", sagte der Bundestagsabgeordnete. Der Schritt sei richtig, da ein Flickenteppich unterschiedlicher Maskenregeln nicht wirksam sei, erläuterte er mit Blick auf die absehbare Aufhebung der Maskenpflicht im Nahverkehr in mehreren Bundesländern.
Es bleibe aber medizinisch weiter sinnvoll, wenn die Menschen unabhängig von verpflichtenden Vorgaben verantwortlich handeln und "in den verbliebenen Winterwochen generell in geschlossenen Räumen eine Maske tragen", so Dahmen. Eine weitere Belastung des Gesundheitswesens sei aktuell auch angesichts des immensen Fachkräftemangels unverantwortlich.
Holetschek: "Überfälliger Schritt"
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte zu Lauterbachs Ankündigung, die sei "ein überfälliger Schritt". Er sei "froh, dass sich Herr Lauterbach nun endlich bewegt und damit nach dem Vorbild Bayerns einen Kurs der stärkeren Eigenverantwortung einschlägt". Niemand habe mehr verstanden, "warum die Bundesregierung die Maskenpflicht in Flugzeugen schon lange aufgehoben hat, im Fernverkehr aber nicht".
Holetschek erklärte, nun müsse eine bundesweite Lockerung für die Isolationsvorschriften für Corona-Infizierte folgen: "Ein nächster fälliger Schritt hin zu einem echten Kurs der Eigenverantwortung wäre, auch bundesweit die Empfehlung für die Isolationspflicht bei Corona-Infektionen anzupassen." Bayern sei "damit gut gefahren", sagte er. Bayern hatte die Isolationspflicht zum 16. November aufgehoben, die Maskenpflicht im ÖPNV endete im Freistaat am 10. Dezember.
Auch der bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) stufte das Ende der Maskenpflicht als überfällig ein. Endlich sehe der Bund ein, dass die Maskenpflicht im Fernverkehr "angesichts der entspannteren Corona-Lage nicht mehr passt". Nach wie vor gelte natürlich, "dass alle Fahrgäste auch weiterhin eigenverantwortlich Masken tragen können, um sich und andere zu schützen".
Forderung nach Aussetzung wurde immer lauter
Die Stimmen zur Abschaffung der Maskenpflicht im Fernverkehr der Deutschen Bahn waren vor Lauterbachs Ankündigung immer lauter geworden. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sprach sich dafür aus, die Pflicht Ende Januar aufzuheben. Seines Erachtens könnten "auch andere Schutzmaßnahmen vor dem 7. April aufgehoben werden", sagte er der "Augsburger Allgemeinen". Die Entwicklung sei aktuell so positiv, "dass selbst vorsichtige Wissenschaftler uns im endemischen Stadium sehen". Eingriffe in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger müssten gut begründet sein.
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hatte ebenfalls gefordert, Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach solle die Maskenpflicht im Fernverkehr zum 1. Februar in eine Empfehlung umwandeln. In Bayern und einigen anderen Bundesländern wurde bereits die Maskenpflicht für den öffentlichen Nahverkehr abgeschafft. Holetschek sagte der "Bild"-Zeitung dazu, im Freistaat sei daraufhin keine Veränderung der Infektionszahlen festgestellt worden.
Durchsetzung immer schwieriger
Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von DB Fernverkehr, Manfred Scholze, sagte dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland", wenn die Politik nicht handle, werde man "bald nur noch im ICE dazu gezwungen, Maske zu tragen. Das geht schlichtweg nicht." Ralf Damde, Gesamtbetriebsratsvorsitzender von DB Regio Schiene/Bus, sagte: "Es kann nicht länger sein, dass man beim Umsteigen von einem in einen anderen Zug andere Gesetze befolgen muss." Es sei für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine "absolute Zumutung", die Maskenpflicht durchzusetzen.
FDP: Maßnahme nicht mehr verhältnismäßig
Auch der FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann hielt angesichts der aktuellen Corona-Lage ein Ende der Masken- wie auch der Isolationspflichten für angemessen. "Wir sind gut immunisiert", sagte der Würzburger Mediziner am Freitag im "Morgenmagazin" von ARD und ZDF. In Europa sei eine endemische Lage erreicht. Angesichts der aktuellen Infektionszahlen und der Lage in den Krankenhäusern sei die Gesetzeslage nicht mehr verhältnismäßig.
Auch eine Isolationspflicht für Infizierte ist aus Ullmanns Sicht rund drei Jahre nach Beginn der Pandemie in Deutschland nicht mehr notwendig. Wer krank ist, solle zu Hause bleiben. Ob Infizierte sich zwingend isolieren müssen, solle der jeweilige Arzt im Einzelfall entscheiden. Wie die Maskenpflicht im Nahverkehr ist in einigen Bundesländern auch die Isolationspflicht bereits abgeschafft.
Mit Informationen von AFP und dpa
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