Patientenakte vor Tastatur
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Patientenakte vor Tastatur

    Lauterbach: Elektronische Patientenakte wird 2024 verbindlich

    Sie gilt als Vorzeigeprojekt im deutschen Gesundheitswesen und kommt doch nicht voran: die elektronische Patientenakte. Gesundheitsminister Lauterbach macht nun Tempo. 2024 soll die Akte verbindlich werden, es sei denn, man widerspricht ausdrücklich.

    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will nächstes Jahr endlich den Durchbruch bei der elektronischen Patientenakte schaffen. "Ende kommenden Jahres wird die elektronische Patientenakte für alle verbindlich", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Jeder, der nicht ausdrücklich widerspricht, ist automatisch mit dabei."

    Seinen Vorschlag will Lauterbach demnach am Montag dem Bundeskabinett vorstellen. Auch das elektronische Rezept will er 2024 verbindlich machen.

    Vorzeigeprojekt - In 20 Jahren wenig passiert

    Die elektronische Patientenakte gilt als ein digitales Vorzeigeprojekt im deutschen Gesundheitswesen. Im Grundsatz beschlossen wurde sie bereits vor gut 20 Jahren. Seit Anfang 2021 können Versicherte sie auf freiwilliger Basis in einer ersten Ausbaustufe nutzen, nämlich per Smartphone-App. Darin sind beispielsweise eingescannte Arztbefunde gespeichert und können in anderen Praxen zur Ansicht freigegeben werden können. Aber weniger als ein Prozent der Patienten nutzten diese App tatsächlich, so der Bundesgesundheitsminister - das Vorzeigeprojekt dümpelt vor sich hin.

    Krankengeschichte des Patienten auf einen Klick

    Die elektronische Patientenakte (ePA) soll beispielsweise Röntgenbilder auf CD, Papierakten und Faxe überflüssig machen. Sie sind dann per Handy oder Computer einsehbar. Mediziner, Physiotherapeuten, Pflegekräfte und Hebammen sollen sich mit wenigen Klicks ein Bild vom Gesundheitszustand ihrer Patienten machen oder eine Krankengeschichte lückenlos einsehen können.

    "Es ist höchste Eisenbahn, dass es weiter vorangeht", teilte der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung am Sonntag mit. "Die elektronische Patientenakte hat das Potenzial, zum Herzstück eines modernisierten Gesundheitswesens zu werden."

    Lauterbach will E-Patientenakte technisch unkompliziert

    Mit der elektronischen Akte werde der Patient Herr seiner Daten, warb der Minister. "Er bekommt eine geordnete Übersicht über Arztbriefe, Befunde, Medikamente." Das helfe auch bei der Behandlung. "Sein Arzt kann schnell erkennen, welches Medikament er zusätzlich verordnen kann, ob es Wechselwirkungen gibt. Außerdem sieht er, ob ein Kollege schon vorher dasselbe untersucht hat."

    Technisch will Lauterbach pragmatisch vorgehen. "Wir warten nicht, bis es für alle Befunde eine standardisierte Datenstruktur gibt." Für den Anfang werde es möglich sein, PDF- oder Word-Dateien einzuspeisen. "Das deutsche Problem mit der Digitalisierung ist: Wir machen viele Dinge zu kompliziert", sagte Lauterbach. "Das will ich vermeiden." Der Zugang zur elektronischen Patientenakte müsse "total unbürokratisch" sein.

    Datenschützer: "Schweigen ist keine Zustimmung"

    Auch bei der Vernetzung der Praxen gibt es Verzögerungen. Bei mehreren Fragen schwelt ein Streit über den Datenschutz. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber hat sich etwa kritisch zu dem angestrebten Verfahren geäußert, auf die Akte nur zu verzichten, wenn der Patientinnen oder Patienten aktiv widersprechen.

    "Eine Patientenakte ist wichtig", heißt es auch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz. "Doch Schweigen ist keine Zustimmung." Notwendig sei auch eine Lösung für nicht technikaffine Patienten. "Karl Lauterbach muss nachbessern, sonst wird sein Gesetz auch vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern."

    Auch das E-Rezept soll kommen

    Zeitgleich mit der Akte soll laut Lauterbach auch das elektronische Rezept verbindlich werden. Auch an diesem Projekt wird schon lange gearbeitet, der Start wurde mehrfach verschoben. Im vergangenen Herbst begann ein Pilotprojekt in mehreren Regionen, bei dem die Ausstellung des E-Rezepts ausprobiert wird.

    Details zu seinen Vorhaben im Bereich Digitalisierung will Lauterbach dem Zeitungsbericht zufolge bei der am Sonntag und Montag stattfindenden Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg präsentieren.

    Mit Informationen von dpa und AFP.

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