Ein Glas Milch, abgestellt auf einem Holztisch
Bildrechte: BR/Johanna Schlüter

Ein Glas Milch

    Landwirte freuen sich über Milchpreise auf Rekordniveau

    Noch nie war der Erzeugerpreis für Milch so hoch wie derzeit. 2016 bekamen Landwirte nur 22 Cent pro Liter. Jetzt fast das Dreifache. 60 Cent war der durchschnittliche Auszahlungspreis im November in Bayern, eine Molkerei zahlt sogar fast 70 Cent.

    60 Cent bekommen Bauern gerade im Durchschnitt für den Liter Milch. Damit ist ein Niveau erreicht, dass selbst Experten nicht erwartet hätten. Der Grund: Während es bis vor wenigen Jahren zu viel Milch am Markt gab, nahm die Menge in den vergangenen fünf Jahren kontinuierlich ab, weil viele Betriebe zusperrten. Und plötzlich war zu wenig Milch da. Vor allem die Nachfrage nach Milchpulver und Butter auf dem Weltmarkt ist enorm gestiegen.

    "Zur Zeit macht Melken Spaß"

    Wenn Landwirtin Ruth-Maria Frech in Icking ihre 50 Kühe melkt, hat sie gerade ein ziemlich gutes Gefühl. Denn endlich bekommt sie für ihre konventionell erzeugte Milch einen ordentlichen Preis. 60 Cent zahlt ihr die Allgäuer Molkerei Champignon pro Liter. "Zurzeit macht das Melken schon Spaß, das Einkaufen aber nicht."

    Auch Ausgaben sind gestiegen

    Einkaufen, sagt Milchbäuerin Frech, das bedeute gestiegene Betriebskosten: Futtermittel sind dreimal, Dünger ist viermal so teuer geworden. Ähnliche Preissteigerungen gab es heuer beim Diesel und beim Strom. Ihr örtlicher Wasserversorger hat die Preise gerade um 180 Prozent erhöht. Eine Kuh säuft um die 100 Liter pro Tag, dazu kommt das Wasser für die Reinigung von Stall und Melkanlage.

    Milcherzeugung endlich rentabel

    Trotzdem: "Bei 60 Cent pro Liter Milch bleibt endlich einmal etwas hängen", sagt Ruth-Maria Frech. Auch um Rücklagen bilden zu können, für Stallumbauten zum Beispiel.

    "Mit 60 Cent komme ich definitiv über die Runden, da kann ich auch investieren. Und da kann ich auch schauen, dass es den Tieren besser geht." Auch Marktexperten der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft kommen in Studien zu dem Ergebnis, dass die Rekordmilchpreise die Steigerung bei den Kosten überkompensieren. Das heißt, bei einem Milchpreis von 60 Cent ist Milcherzeugung endlich rentabel.

    Molkereien suchen händeringend Milcherzeuger

    Seit etwa fünf Jahren nahm die Milchmenge in Deutschland kontinuierlich ab. Heuer war dann plötzlich zu wenig Milch am Markt. Manche Molkereien suchen jetzt mit Anzeigen in Tageszeitungen händeringend nach konventionellen Milcherzeugern. Oder zahlen bis zu zwei Cent mehr für jeden zusätzlich gelieferten Liter Milch.

    Tierwohlkriterien spielen keine so große Rolle mehr

    Angesichts der Milchknappheit registriert Susanne Glasmann vom Verband der privaten Molkereien beim Lebensmittelhandel derzeit ein leichtes Umdenken: Tierwohlkriterien spielten keine so große Rolle mehr. "Es gibt schon Nachfragen vom Lebensmitteleinzelhandel, ob nicht Milch ohne jegliches Siegel angeboten werden könnte - für einen sehr, sehr niedrigen Preis."

    Marken- und Bioprodukte im Hintertreffen

    Der augenblicklich hohe Preis für Milch kam deshalb zustande, weil Milchpulver und Butter auf dem Weltmarkt sehr knapp waren. Molkereien, die hauptsächlich für den Export produzieren, profitierten von dieser Entwicklung. Dagegen können Molkereien, die ausschließlich Markenprodukte für Supermärkte herstellen, ihre Waren nicht plötzlich um ein vielfaches teurer anbieten. Gerade in der Krise greifen viele Verbraucher doch wieder lieber zu Billigware und lassen Marken- und teure Bioprodukte liegen. Deshalb hat sich in den letzten Monaten auch der Preis für Biomilch nicht so stark erhöht wie der für konventionelle Milch. Der Abstand beträgt momentan nur noch 2,9 Cent.

    Milchmenge steigt, Preise sinken bereits wieder

    Momentan steigt die Milchmenge enorm an. Bei dem guten Erzeugerpreis produzieren die Landwirte so viel sie nur können. Kühe, die eigentlich schon zum Schlachten gehen sollten, bleiben weiter im Stall und werden gemolken. Landwirte mit Anbindehaltung, die eigentlich schon zusperren wollten, machen jetzt doch noch weiter. Angesichts dieser Entwicklung sind die durchschnittlichen Auszahlungspreise für Milch im Dezember bereits wieder unter die 60 Cent Marke gesunken. Und diese Tendenz werde weiter anhalten, prophezeit Susanne Glasmann vom Verband der Privaten Molkereien. "Es wird so sein, dass wir zum Jahresbeginn, spätestens aber zum Ende des ersten Quartals, hier eine deutliche Reduzierung sehen." Bis Mitte nächsten Jahres werde sich der Preis wohl bei etwa 50 Cent pro Liter einpendeln, rechnen Experten.

    60 Cent vielleicht nur ein einmaliges Hoch

    Auch Landwirtin Ruth-Maria Frech ist sich bewusst, dass die 60 Cent pro Liter Milch nicht von Dauer sind. "Man muss sich drauf einstellen, dass es nicht ganz so rosig bleibt, wie es gerade ist und trotzdem wirtschaften", sagt die 30-Jährige. Sie hat sich an das Auf und Ab beim Milchpreis gewöhnt und will den Hof in Icking mit den 50 Kühen, den sie von ihren Eltern übernommen hat, weiterführen. Milcherzeugung macht ihr Spaß. Im Augenblick ganz besonders.

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