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Eine alte Dame interagiert mit einem Pflegeroboter

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Künstliche Intelligenz erobert den Alltag

Siri auf dem Handy, Alexa im Wohnzimmer, ein Pflegeroboter bei der demenzkranken Oma. Schlaue Geräte, die mit uns interagieren, dringen in unseren Alltag ein und werden unser Leben von Grund auf verändern. Von Barbara Schneider

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2-Heimatsound am .

Es gibt bereits jede Menge digitaler Assistenten: Smartphone-Apps oder auch smarte Lautsprecher wie Apple’s Siri, Google’s Assistant und Amazon’s Echo, besser bekannt unter dem Namen "Alexa". Doch das ist erst der Anfang. Auf der Consumer Electronic Show in Las Vegas wurden im Januar schon ganz andere Zukunftsvisionen präsentiert: Sprachgesteuerte Toiletten, oder Roboter, die Essen servieren, Gepäck transportieren oder sexuelle Gefälligkeiten anbieten. Vieles, was in den Laboren entwickelt wird, klingt heute noch nach Science Fiction, ist aber oft gar nicht mehr so weit weg.

So sind die ersten Pflegeroboter schon im Einsatz. Erinnern Demenzkranke daran, ihre Medikamente zu nehmen oder helfen gebrechlichen Menschen, ihren Alltag so normal wie möglich zu gestalten. Oder auch der Roboter Zeno, unterstützt als geduldiger Therapeut autistischen Kinder dabei, Freude, Angst oder Trauer bei anderen Menschen zu erkennen.

Oft fehlen klare Aufgabenbereiche

So lange Roboter Hilfs- und Therapiemittel mit einer klaren Aufgabe sind, sehen Wissenschaftler keine Schwierigkeiten. Es gehe darum, eine Maschine zu haben, die den Menschen unterstützt, ihn nicht ersetzt. Problematisch wird es erst, wenn die Maschinen zweckentfremdet werden, sagt der Informatik-Professor Björn Schuller von der Universität Augsburg.

Jedoch nicht alle künstlichen Systeme haben eine so klar umrissene Aufgabe wie Zeno. Alexa zum Beispiel. Die Sprachassistentin ist ein Gerät mit unzähligen Programmen. Je nachdem, welche Programme man nutzt, wird die digitale Sprachassistentin Teil des Lebens. Licht an und aus schalten, Heizung regulieren, Einkaufszettel verfassen. Alles kein Problem.

Ob bewusst oder unbewusst, Sprachsysteme wie Alexa prägen und verändern den Alltag: Sprachbefehle lernen, auf die die Maschine reagiert, aber auch ein Code-Wort für sich selbst, damit sich die Maschine nicht angesprochen fühlt.

Befehlston als Standard

Ein wirkliches Gegenüber ist die Maschine jedoch nicht. Dazu klingt die Frauenstimme zu holprig, dazu fehlt ihr Empathie und Einfühlungsvermögen. Alexa reagiert mit Phrasen, eingeschriebenen Sätzen, die sie variieren kann, mehr nicht. Sobald man genug hat, kann man sie unterbrechen, höflich muss man dabei auch nicht sein. Ganz egal in welchem Ton, ob man das Gerät freundlich bittet oder anbrüllt, es tut was man will.

Langfristig kann das Einfluss auf uns und unser Sozialverhalten haben, fürchtet der katholische Theologe Thomas Schärtl-Trendel. Denn wer weiß, ob Konversationsmuster, die wir mit einem künstlichen System einüben, sich nicht irgendwann auf die Kommunikation zwischen Menschen auswirken?

"Der Befehlston, den man sich angewöhnt, um mit Alexa zu kommunizieren, ist ein schönes Beispiel. 'Tu dies, tu jenes.' Ein menschenähnliche Helferlein, das uns alles abnimmt, was wir wollen, erzeugt die Illusion, dass uns dienstbare Geister umgeben. Und das ist natürlich eine Illusion. Die sozial-kommunikative Welt von Menschen ist nicht so. Menschen sind kein Instrument und sind nicht dafür da, Instrumente für andere Menschen zu sein." Thomas Schärtl-Trendel, Katholische Theologe an der Universität Regensburg

Menschenähnlich und gruselig?

Bei Sexrobotern, die mit Silikonhaut, Augenaufschlag und Haaren dem Menschen nachempfunden sind, aber auch bei Sprachsystemen wie Alexa, die durch ihr Kommunikationsverhalten dem Menschen gleichen – den Gruseleffekt, wenn Maschinen immer menschenähnlicher werden, beobachtet die Roboterpsychologin Martina Mara häufiger.

Schon 1970 entwickelte der japanische Wissenschaftler Masahiro Mori die Hypothese, dass wir Menschen Roboter und künstliche Systeme nur bis zu einem gewissen Grad akzeptieren. Werden die Maschinen zu menschenähnlich, lehnen wir sie ab. Erst, wenn sich Roboter von uns kaum mehr unterscheiden, steigt die Akzeptanz wieder. Diese sogenannte Uncanny-Valley-Theorie stammt aus einer Zeit, in der humanoide Roboter oder menschenähnliche Sprachsysteme im Alltag noch in weiter Ferne lagen. Es ist aber ein Phänomen, das Martina Mara bei Besuchern im Ars Electronica Center in Linz immer wieder beobachtet.

Transparenz für eine gelingende Beziehung

Geht es nach dem Augsburger Informatik-Professor Björn Schuller ist in Zukunft nicht nur die Verantwortung des Menschen im Umgang mit der Technik gefragt. Auch der künstlichen Intelligenz müssen Regeln mit auf den Weg gegeben werden. Denn Forscher machen die Technik emotional und sozial immer kompetenter.

Roboter und andere Künstliche Systeme sind schlau und lernen selbstständig immer weiter dazu. Für uns Menschen kann das ein Nutzen sein, es kann aber auch zum Problem werden. Denn kaum jemand weiß zum Beispiel, wie viele Daten Sprachsysteme sammeln, analysieren, verarbeiten. Auch das löst Ängste aus. Ist diese Angst davor, dass die Maschinen uns irgendwann überrumpeln, tatsächlich so abwegig?

"Man kann sie fast Spione nennen, die wir uns da ins Haus holen. Im Prinzip holt man sich da ja eine Dauerleitung zu einem Großkonzern in den Haushalt. Vielen Menschen ist das auch nicht bewusst bzw. man vergisst natürlich mit Alexa im Wohnzimmer nach einiger Zeit, dass da ein Lautsprecher immer mithört." Martina Mara, Roboterpsychologin am Ars Electronica Futurelab in Linz

Für eine gelingende Beziehung zwischen Mensch und Maschine braucht es deshalb Transparenz. Klarheit darüber, was die Maschinen tun, welche Informationen sie sammeln und an wen die Daten weitergegeben werden. Das ist auch wichtig für die Entscheidung, ob wir uns solche Systeme ins Haus holen oder eben nicht.