Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek, hat vor dem geplanten neunten Abschiebeflug nach Afghanistan mehr Personal für die Bundespolizei gefordert. Allein im Jahr 2016 habe es insgesamt 243 Sammelabschiebungen gegeben, nicht nur nach Afghanistan, sondern auch auf den Westbalkan und nach Westafrika, sagte Radek in der Bayern 2 radioWelt. Er betonte, die Zahl der Abschiebeflüge werde in nächster Zeit weiter deutlich ansteigen. Zuständig für diese Aufgabe sei die Bundespolizei, doch die sei dafür nur ungenügend vorbereitet.
"Es war klar, dass ab 2015, wenn jemand außer Landes geführt werden muss, dass dies nur von der Bundespolizei getan werden kann. Und die Bundespolizei ist personell auf diese Situation nicht vorbereitet gewesen."
Jörg Radek
Radek: 15.000 Stellen fehlen
Es gebe keine feststehenden Organisationseinheiten für die Abschiebung, so Radek. Bundespolizisten müssten mit Kontroll- und Streifenbeamten zusammenarbeiten - "eine Aufgabe mit einem unglaublich hohen Koordinierungsaufwand." Insgesamt fehlen laut Radek 15.000 Stellen.
Auch für den heute Abend geplanten Flug fehlt es laut Radek an Personal: Nach seinem Kenntnisstand haben sich bislang nicht genügend Freiwillige bei der Bundespolizei gefunden. Mindestens zehn afghanische Flüchtlinge sollen von Düsseldorf nach Kabul in ihr Heimatland zurückgebracht werden.
Die meisten dieser Flüchtlinge kommen aus Bayern, auch ein Mann aus Baden-Württemberg und einer aus Nordrhein-Westfalen stehen auf der Liste, hieß es vom Flüchtlingsrat NRW. Bei einer Person aus Kempten konnte die Abschiebung in letzter Minute verhindert werden.
Grüne empört
Insbesondere Abschiebungen nach Afghanistan sind wegen der prekären Sicherheitslage dort umstritten, immer wieder kommt es zu Protesten. Die Organisation Pro Asyl erklärte, es gebe "jede Woche Dutzende von Toten in Afghanistan" und doch werde weiter abgeschoben.
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Margarete Bause nannte den erneuten Abschiebeflug nach Afghanistan einen "politischen und menschlichen Skandal". Grünen-Landtagsabgeordnete Christine Kamm sagte, es würden willkürlich Personen mitabgeschoben, die gut integriert und weder Straftäter noch Gefährder noch sogenannte Identitätstäuscher seien. "Erneut drohen Familien auseinandergerissen und Existenzen zerstört zu werden."