Seit Deutschlands bekanntester Corona-Wissenschaftler, Prof. Christian Drosten, die Corona-Pandemie für beendet erklärt hat, ist die Diskussion über die Corona-Maßnahmen voll entflammt. Die einen fordern vehement ein Ende aller Schutzmaßnahmen und eine Rückkehr zur Normalität, die anderen mahnen noch zu etwas Geduld.
FDP-Appell an die Länder: Maskenpflicht im ÖPNV abschaffen
In der vordersten Reihe der Maßnahmen-Gegner steht die FDP: Der kleinste Ampelpartner macht weiter Druck, die noch verbliebene Maskenpflicht und die Isolationspflicht aufzuheben. So fordert der Generalsekretär der Liberalen, Bijan Djir-Sarai, die Bundesländer auf, die Maskenpflicht in Bussen und Bahnen sofort abzuschaffen. Für Grundrechtseinschränkungen gebe es keine Grundlage mehr. Außerdem verlangt er gemeinsam mit FDP-Vize Wolfgang Kubicki eine Änderung des Infetkionsschutzgesetzes.
Über die Maskenpflicht in Bussen und Bahnen des Nahverkehrs entscheiden die Länder selbst. Für Fernzüge und Fernbusse bundesweit ist bis zum 7. April 2023 eine FFP2-Maskenpflicht festgeschrieben. Die Maskenpflicht im Nahverkehr in Bayern und Sachsen-Anhalt bereits weggefallen, in Schleswig-Holstein läuft sie zum Jahresende aus.
Holetschek kritisiert Maskenpflicht im Fernverkehr
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek forderte den Bund auf, die Maskenpflicht auch im Fernverkehr in eine Empfehlung umzuwandeln. Natürlich sei es auch künftig sinnvoll, im ÖPNV freiwillig weiterhin Schutzmasken zu tragen - auch mit Blick auf andere Atemwegserkrankungen, so der CSU-Politiker. Es sei aber an der Zeit, von einer Phase der Pflichten in eine Phase der Eigenverantwortung überzugehen.
CDU-Gesundheitspolitiker fordert Sonder-MPK zu Corona-Maßnahmen
Auch der CDU-Gesundheitspolitiker Tino Sorge will die Pflicht zu Maske und Isolation zum Jahreswechsel im Wesentlichen abschaffen - bis auf den Gesundheitsbereich und die Pflege.
Es werde Zeit, die Pandemie für beendet zu erklären. Die Ampel dürfe sich nicht länger um diese vor allem politische Entscheidung drücken, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Darum forderte er einen Bund-Länder-Gipfel für eine bundesweit abgestimmte Aufhebung vieler Corona-Maßnahmen.
Auch der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, sagte in der "Welt", es sei "der Bevölkerung nicht vermittelbar", wenn die Maßnahmen bis April unverändert weiter gelten würden. "Wenn jetzt auch die Wissenschaft nahezu einhellig sagt, die Pandemie ist vorbei, kann man die Maßnahmen nicht mehr als Pflichtmaßnahmen aufrechterhalten", sagte er.
Lauterbach erteilt schnellem Ende der Maßnahmen eine Absage
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach wies die Forderungen nach einem schnellen Ende der noch bestehenden Corona-Maßnahmen zurück. Zwar habe sich die Situation etwas entschärft und das Virus gehe in eine endemische Phase über, sagte der SPD-Politiker am Dienstag im ZDF-"heute journal". Jedoch sollten mit Blick auf volle Kliniken, überlastetes Personal und einer Übersterblichkeit nicht alle Maßnahmen sofort fallen gelassen werden.
"Wir dürfen hier nicht aufs Glatteis gehen", mahnte Lauterbach. Nach dem Winter könne man mit einer deutlich entspannteren Situation rechnen. "Da kommt es doch jetzt nach drei Jahren Pandemie noch auf ein paar Wochen nicht an", warb Lauterbach um Geduld.
Bundeskanzler gegen sofortiges Ende der Maßnahmen
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich indirekt ebenfalls gegen ein sofortiges Ende der verbliebenen Corona-Maßnahmen ausgesprochen. "Der Bundeskanzler ist der Ansicht, dass wir eine gute Vereinbarung getroffen haben und dass wir ja eine Gesetzeslage haben, die es den Bundesländern ermöglicht, sehr flexibel sich an die sich verändernde Lage anzupassen", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Mittwoch in Berlin.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) habe deutlich gemacht, dass nach jetzigem Stand über den 7. April hinaus keine Verlängerung der Maßnahmen nötig sein würden. "Insofern ist das die Position des Bundeskanzlers."
Amtsärzte warnen vor schneller Aufhebung aller Corona-Maßnahmen
Das unterstützen auch Deutschlands Amtsärzte und Amtsärztinnen. Der Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, Johannes Nießen, begründete das in der "Welt" (Mittwoch) mit den aktuell erhöhten Corona-Fallzahlen, der Belastung der Krankenhäuser durch Personalausfall und mit den anderen derzeit grassierenden Infektionskrankheiten. Und schließlich stürben immer noch jede Woche mehrere hundert bis über tausend Menschen.
Grünen-Politiker Dahmen fordert noch etwas Geduld
Dem schließt sich auch der Gesundheitsexperte der Grünen im Bundestag, Janosch Dahmen, an. Im Interview mit der radioWelt auf Bayern 2 mahnte er zur Geduld: Es sei sinnvoll, die Maßnahmen noch über die Winterwochen aufrecht zu erhalten. Die Pandemie sei zwar auf der "Endstrecke", aber noch nicht ganz vorbei. Darum sei es sinnvoll, die Maßnahmen noch in den Winterwochen beizubehalten, damit das Corona-Virus nicht "mit Schrecken nochmal zurückkommt".
Außerdem seien in Deutschland derzeit fast zehn Millionen Menschen an Atemwegsinfektionen erkrankt - einschließlich Corona. Das belaste vor allem das Gesundheitswesen durch erhebliche Personalausfälle, sodass viele Kliniken jetzt auch über die Feiertage nur noch in einem Notbetrieb arbeiten könnten.

Janosch Dahmen
Wirtschaftsweise Schnitzer: Maskenpflicht kann Krankenstand begrenzen
Auf den Krankenstand in Deutschland hebt auch die Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, ab. Wenn man jetzt die Corona-Maßnahmen aufhebe, könnte er noch mehr ansteigen, was die Wirtschaft belasten würde. Die Maskenpflicht im ÖPNV schränke die wirtschaftliche Aktivität nicht ein, reduziere aber die Zahl von Infektionen - nicht nur von Covid-Infektionen, sondern insbesondere auch von Atemwegserkrankungen, sagte Schnitzer den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
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Diskussion um Ende der Corona-Maßnahmen
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