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Joachim Wendler

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Kommentar: Flüchtlingsfriede in der Union - alles nur Show!

Die Bundesregierung streitet um Seehofers Asyl-Masterplan. Eine geplante Pressekonferenz des Bundesinnenministers wurde kurzfristig abgesagt. Dabei schien es so, als ob Merkel und Seehofer sich versöhnt hätten. Alles nur Show, meint Joachim Wendler.

Es war wirklich alles nur Show! All die Versöhnungstreffen von Angela Merkel und Horst Seehofer, all die Kompromisspapiere von CDU und CSU, all die Freundschaftsbekundungen von Unionspolitikern - alles Show! Der vermeintliche unionsinterne Friede in der Flüchtlingspolitik war so verlässlich wie ein Tweet von Donald Trump. Kein anderer Minister ist so ehrgeizig in sein neues Amt gestartet wie Horst Seehofer. Keiner hat so oft gesagt, die Union habe verstanden, jetzt werde geliefert, jetzt kämen Lösungen. "Masterplan Migration!" Was für ein großes Wort! Keiner hat solche Erwartungen geweckt wie der CSU-Vorsitzende.

Ausgebremst von Angela Merkel

Jetzt wird Horst Seehofer ausgebremst, und zwar ironischerweise nicht von der "Anti-Abschiebe-Industrie", die sein Parteifreund Alexander Dobrindt angeprangert hat, oder von den SPD-Ländern, die seine "Ankerzentren" boykottieren. Seehofer wird ausgebremst von seiner alten Gegnerin Angela Merkel. Wieder mal.

Es ist ein bürgerliches Trauerspiel

Auf den ersten Blick streiten die beiden diesmal um ein Detail. Im Koalitionsvertrag steht als Ziel der Regierung: "Wirksamer Schutz der Binnengrenzen". So schwammig ist das doch gar nicht! Trotzdem deutet jetzt jeder diesen Satz nach Belieben: Die CSU versteht unter wirksamem Schutz, dass Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückgewiesen werden. Die Kanzlerin versteht unter wirksamem Schutz - ja, was eigentlich? Das Problem ist, dass sich der Streit darin nicht erschöpft. Er steht exemplarisch für den tiefen flüchtlingspolitischen Konflikt zwischen CDU und CSU. Es ist ein bürgerliches Trauerspiel. Die Union hätte gerade einen historischen Auftrag zu erledigen: Sie müsste beweisen, dass das Konzept "Volkspartei" noch eine Chance hat. Scheitert sie, ist weder die Individualisierung der Gesellschaft schuld noch die AfD. Sondern die Union selbst. Noch 124 Tage bis zur Landtagswahl in Bayern.