Demonstranten der "Letzten Generation" marschieren mit Transparenten
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Demonstranten der "Letzten Generation" marschieren mit Transparenten

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Klimaaktivisten: Wie finanziert sich die "Letzte Generation"?

Mit den Ermittlungen gegen die Letzte Generation rückt die Finanzierung der Aktivisten in den Fokus. Woher beziehen sie ihre Geldmittel, um die Aktionen zu bezahlen? BR24 hat die Hintergründe recherchiert.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Der Vorwurf der Generalstaatsanwaltschaft München wiegt schwer: Sieben Aktivisten der "Letzten Generation" sollen eine kriminelle Vereinigung gegründet bzw. unterstützt haben. Im Ermittlungsverfahren wurden zuletzt mehrere Wohnungen und Geschäftsräume der Letzten Generation untersucht und zwei Konten gesperrt. Nach Information von BR24 soll sich auf den Konten ein mittlerer sechsstelliger Betrag befunden haben.

Welche Rolle spielt das Geld bei den Ermittlungen?

Die Finanzierung der "Letzten Generation" ist für die Ermittler von zentralem Interesse, das haben sie selbst deutlich gemacht. Ziel der Durchsuchungen sei unter anderem "die weitere Aufklärung ihrer (Anm. d. R.: der "Letzten Generation") Finanzierung sowie die Beschlagnahme von Vermögenswerten" gewesen, heißt es in der Begründung der Generalstaatsanwaltschaft München und des Bayerischen Landeskriminalamtes.

So soll die Vereinigung mindestens 1,4 Millionen Euro an Spendengeldern über ihre Homepage gesammelt haben und das Geld "überwiegend auch für die Begehung weiterer Straftaten der Vereinigung eingesetzt" haben, so die Ermittler. Hintergrund des Vorwurfs sind Kontobewegungen, die der Staatsanwaltschaft vorliegen. Aus diesen geht hervor, dass Ausgaben konkreten Straßenblockaden zugeordnet werden können, wie etwa Kosten für Übernachtungen über Airbnb oder der Kauf von Klebstoff.

Das Begleichen von Bußgeldern im Rahmen von Strafverfahren wertet die Staatsanwaltschaft übrigens nicht als "Einsatz für die Begehung von Straftaten". Bisher wurden bundesweit rund 2.000 Strafverfahren gegen die Klimaaktivisten eröffnet, rund 600 Mal wurden dabei Bußgeldbescheide ausgestellt und in mehr als 80 Gerichtsverfahren wurden Geldstrafen verhängt.

Was hat es mit den zwei beschlagnahmten Konten auf sich?

Im Fokus der Ermittlungen stehen zwei Konten, die die "Letzte Generation" genutzt haben soll. Eines wird abgewickelt über einen Verein namens Elinor Treuhand e.V. in Hessen. Der Verein bietet Gruppenkonten für politische Aktivisten, Selbsthilfegruppen oder Sportmannschaften an. Elinor Treuhand fungiert nach eigener Aussage auf ihrer Homepage "als eine Art Gefäß, um die Gelder seiner Mitglieder zu halten".

Die Onlineplattform soll von der "Letzten Generation" genutzt worden sein, um Spendengelder zu sammeln und zu verwalten. Genutzt wurde von Elinor dafür ein Konto der GLS-Gemeinschaftsbank, einem Institut der Volks- und Raiffeisenbanken. Die GLS-Bank wirbt damit, nachhaltig, sozial und ökologisch zu sein.

Im März 2023 soll Elinor der "Letzten Generation" allerdings das Konto gekündigt haben. Daraufhin soll die Gruppe ein neues Spendenkonto über die gemeinnützige GmbH KUEÖ in Hamburg genutzt haben, dessen Geschäftsräume bei der Razzia auch durchsucht wurden. Auch nach Sperrung des Kontos sammelt die Gruppe aktuell weiter Spenden über ein anderes Konto der KUEÖ. Die Abkürzung steht für Klima- und Umweltaufklärung für den Erhalt der lebenssichernden Ökosysteme.

Die Homepage der gemeinnützigen GmbH ist aktuell nicht aufrufbar. Als steuerbegünstigter Zweck der Gesellschaft ist nach eigenen Angaben die Förderung des Naturschutzes. Vor allem die "Gemeinnützigkeit" wirft im Zusammenhang mit der "Letzten Generation" Fragen auf. Ebenso, weshalb die Gruppe kein konventionelles Konto etwa bei einer Sparkasse eröffnet und sich für undurchsichtigere Konstrukte entschieden hat.

Auf beiden Konten soll sich bis zuletzt noch ein höherer sechsstelliger Betrag befunden haben. Um weitere Details zu den Finanzflüssen der Aktivisten zu erhalten, arbeitet die Generalstaatsanwaltschaft laut eigener Aussage eng mit der Zentralen Koordinierungsstelle für Vermögensabschöpfung (ZKV) in Bayern zusammen.

Wie finanziert sich die "Letzte Generation"?

Die grundsätzliche Frage nach der Herkunft des Geldes ist kein großes Geheimnis: Die "Letzte Generation" finanziert sich zum allergrößten Teil aus Spenden, beziehungsweise Crowdfunding. Selbst nach Schließung ihrer beiden Konten sammelt die Gruppierung weiter Geld über eine neu angelegte Homepage. Im vergangenen Jahr nahm der Zusammenschluss von Klimaaktivisten über 900.000 Euro ein.

Bekannt ist auch, dass Gelder der US-amerikanischen Stiftung Climate Emergency Funds der "Letzten Generation" zukamen. Die Nichtregierungsorganisation aus Kalifornien finanziert elf internationale Klimaprotestgruppen mit über fünf Millionen Euro.

Die "Letzte Generation" soll 50.000 Euro erhalten haben, allerdings nicht direkt, sondern über den Berliner Verein Wandelbündnis. Dieser arbeitet mit den Klimaaktivisten zusammen, stellt einzelne von ihnen als Mitarbeiter ein für Klimavorträge und Workshops. Das geschieht im Rahmen einer Initiative "Gemeinnützige Bildungsarbeit zur Unterstützung von Letzte Generation". Wie viel die "Letzte Generation" dieses Jahr an großen oder kleinen Spenden erhalten hat, ist nicht bekannt. Die Bitte um ein Interview mit BR24 lehnten die Aktivisten ab.

Wofür wurde das Geld ausgegeben?

Von den rund 900.000 Euro im vergangenen Jahr hat die "Letzte Generation" laut ihres Transparenzberichts rund 530.000 Euro ausgegeben. Rund 100.000 Euro wurden für Materialien gebraucht, etwa für Flyer, Sekundenkleber oder Warnwesten. Auch Unterkünfte, Handys und Laptops wurden bezahlt.

Der größte Teil der Ausgaben sind Mietkosten, etwa für Veranstaltungsräume, Mietwagen, Hebebühnen oder Unterkünfte - insgesamt 254.170,43 Euro. Die Rechtskosten der Klimaaktivisten beliefen sich 2022 auf insgesamt 17.733,02 Euro. Für "Weiterbildung und Resilienz" gab die "Letzte Generation" 11.226,10 Euro aus. Dazu zählten Pressetrainings, Seminare gegen Burnout und Meditation.

Wie geht es nun weiter?

Die Münchner Generalstaatsanwaltschaft und das Bayerische Landeskriminalamt werten derzeit die beschlagnahmten Dokumente aus. Das könnte Monate dauern. In der Zwischenzeit können die Verteidiger der sieben Beschuldigten auf Akteneinsicht klagen. Zwei der sieben Aktivisten kommen aus Bayern. Am Ende der Auswertung kann es zu einer Anklage kommen.

Die Generalstaatsanwaltschaft ist überzeugt, dass die sieben Aktivisten zum Führungspersonal der "Letzten Generation" gehören und ein Anfangsverdacht für eine Bildung bzw. Unterstützung einer kriminellen Vereinigung vorliegt.

Im Fall eines Prozesses würde es darum gehen, ob die Gruppe durch ihre Aktionen eine "Gefährdung für die öffentliche Sicherheit" darstellt. Dabei blickt die Justiz weniger auf die öffentliche Meinung über die Aktionen der "Letzten Generation", sondern auf den Tatbestand von Straftaten.

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