Der Mensch braucht Zucker. Die lebenswichtige Dosis nimmt jeder von uns bei einer ausgewogenen Ernährung jedoch automatisch zu sich. Ganz und gar überflüssig ist dagegen extra Zucker, wie er zum Beispiel in Süßigkeiten, in Limonaden, im Gebäck oder im Kuchen zu finden ist. Deshalb soll Süßigkeiten-Werbung, die Kinder als Zielgruppe hat, verboten werden. Das ist das Ziel von Bundesernährungsminister Cem Özdemir von den Grünen.
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Werbeverbot für Dickmacher gegen bedenkliche Trends
Viele Kinder in Deutschland sind nämlich schon übergewichtig, und ein Verbot von an Kinder gerichtete Werbung für Gummibärchen, Chips und Cola soll eben diesem Trend entgegenwirken. Özdemir hat seine Pläne Ende Februar so begründet, dass Kinder besser geschützt und Eltern in ihrem stressigen Alltag entlastet und gestärkt würden. Klare Regeln seien bei diesem Thema unumgänglich, er habe als Ernährungsminister auch eine Schutzverpflichtung - gerade den Kindern gegenüber. Und bei Kindern höre der Spaß auf - auch der Werbe-Spaß, so Özdemir.
Zu viel Zucker ist aber bei weitem kein Problem, das nur Kinder betrifft. Am heutigen Tag der gesunden Ernährung lohnt es, den Zuckerkonsum der Deutschen mal genauer in den Blick zu nehmen, denn er gilt als einer der großen Gesundheitsrisiken in den Industriegesellschaften. So wird Zucker bei allen Fertigprodukten, in Snacks, in Getränken wie Cola oder Spezi, im Gebäck, im Ketchup und vielen weiteren Produkten reichlich hinzugefügt.
Komplexe Kohlenhydrate reichen dem Körper
Die wichtigste Informationen zu Zucker gleich vorneweg: Der Körper braucht gar keinen sogenannten freien Zucker, also alle Zuckerarten, die Speisen und Getränken hinzugefügt werden, sowie Zucker in Honig, Sirup oder Fruchtsäften, sagt Oliver Heusinger von der Deutschen Adipositas-Gesellschaft. "Rein biologisch gibt es jetzt erst einmal keine Notwendigkeit, Zucker als solches als Lebensmittel aufzunehmen", so Heusinger. Das Gehirn benötigt auf jeden Fall Glukose, um zu funktionieren, aber die könne sich der Körper aus komplexen Kohlenhydraten selbst herstellen.
Diese komplexen Kohlenhydrate stecken zum Beispiel in Brot, Kartoffeln oder in Reis. Obwohl wir die freien Zucker nicht brauchen, nehmen wir sie ständig zu uns, und zwar deutlich mehr, als uns gut tut. Laut Heusinger liegen Erwachsene in Deutschland etwa 30 Prozent, Kinder und Jugendliche sogar etwa 60 Prozent über den Empfehlungen.
Zucker macht glücklich - zumindest vorübergehend
Zucker ist eine schnell verfügbare Energiequelle, die dem Körper Kalorien liefert. Zucker bewirkt außerdem, dass Dopamin, das sogenannte Glückshormon ausgeschüttet wird. Wir fühlen uns kurzfristig besser, und Zucker regt unsren Geschmackssinn an. Gesüßtes schmeckt einfach besser.
Doch Zucker hat auch seine Schattenseite, sagt Heusinger von der Deutschen Adipositas-Gesellschaft. Zucker kann bekanntlich zu Übergewicht führen. Besonders gut ist das für mit Zucker gesüßte Getränke belegt, weil der Körper diese Kalorien nicht als solche erkennt, also nicht genug Sättigungsempfinden auslöst und wir dadurch dann mehr Kalorien aufnehmen, als wir verzehren, so Heusinger.
Vielfältige Auswirkungen auf unseren gesamten Körper
Zucker hat Auswirkungen auf den ganzen Körper, erklärt auch Alexander Bartelt, Professor für kardiovaskulären Stoffwechsel an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Das fange schon im Mund an und ende im Prinzip mit der Aufnahme im Darm.
Zucker wirkt aber auch auf die Leber, so Bartelt. "Wenn man über lange Frist zu viele Kalorien zu sich nimmt, also gerade auch Zucker, dann wird dieser Zucker eben nicht nur im Fettgewebe abgelagert, sondern gerade auch bei zu viel Aufnahme von Fruchtzucker kann sich dann auch in der Leber Fett ablagern."
Das heißt dann nicht-alkoholische Fettleber. Die Leber schwillt an und wirft teils große weiße Fettblasen. Wenn die Ernährung nicht langfristig umgestellt wird, kann sich die Leber schließlich entzünden oder Gewebe absterben.
Zucker greift in unseren Hormonhaushalt ein
Bereits jeder vierte Deutsche über 40 leidet an einer solchen Fettleber, Zucker verändert zudem unseren Hormonhaushalt, indem er die Produktion von Insulin ankurbelt. Bartelt: "Insulin ist eines der wichtigsten Stoffwechselhormone." Das kenne man "vor allen Dingen vom Diabetes, wo das Insulin dann nicht mehr funktioniert oder wo man angeborenerweise gar kein Insulin hat".
Insulin wird in der Bauchspeicheldrüse gebildet. Es regt Körperzellen dazu an, Glukose aus dem Blut aufzunehmen, ist also dafür da, den Blutzuckerspiegel zu senken. Wenn man zu viel Zucker zu sich nimmt, dann steigt das Insulin. Und das kann auf lange Sicht die Inselzellen, die das Insulin herstellen, überfordern. Und dann könne sich das Diabetes Risiko erhöhen, sagt Bartelt.
Verzicht auf Zucker hat positive Auswirkungen
Diabetes, Karies, Fettleber oder Übergewicht: Das sind noch nicht einmal alle Folgen. Zu viel Zucker ist schädlich. Wenn man nun seinen Zuckerkonsum reduziert, stabilisiert sich der Gesundheitszustand. Entzündungswerte werden langfristig besser, eine Fettleber kann sich zurückentwickeln, und auch Diabetes Typ zwei lässt sich durch bessere Ernährung mindestens abschwächen, genauso wie das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Bartl rät, möglichst naturbelassene Lebensmittel zu sich zu nehmen, denn desto naturbelassener wäre dann auch der Zuckergehalt. Der übersteige in der Regel zehn bis 20 Prozent nicht, damit käme unser Stoffwechsel ganz gut zurecht. Die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation lautet, nicht mehr freien Zucker als zehn Prozent der insgesamten Energiemenge zu sich zu nehmen. Bei 2.000 Kilokalorien pro Tag wären das also höchstens 50 Gramm Zucker, das sind sechs Teelöffel oder etwa ein halber Liter Spezi.
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