Zum Abschluss des Stuttgarter Katholikentags wurde es in einem großen Freiluftgottesdienst noch einmal feierlich: Als Symbol des Teilens wurde ein riesiger Martinsmantel aus 1.100 individuell gestalteten Stoffstücken wieder in Einzelteile zerlegt. Der drei Meter breite und achtzig Meter lange Mantel mit einer Fläche von 240 Quadratmetern sollte an den heiligen Martin von Tours aus dem vierten Jahrhundert erinnern, der seinen Mantel mit einem Bettler geteilt haben soll - und zu gerechterer Güterverteilung, nachhaltigerer Produktion und fairem Konsum aufrufen.
Solidarität mit der Ukraine - Hilfe für die Hungernden
Ein schönes Bild, das weit weniger schöne Themen begleitete. Noch einmal stand der Krieg in der Ukraine im Zentrum der Aufmerksamkeit. Christen müssten die Ukrainer "in ihrem Ringen um ein Leben in Freiheit und Unversehrtheit unbedingt unterstützen", sagte die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp. Nicht ohne gleichzeitig zu betonen, dass Militär allein "die weltweiten Krisen, die der Krieg schon jetzt ausgelöst hat, nicht beenden" könne. Hier komme wieder das teilen ins Spiel: "Wir müssen Hungersnöte verhindern."
Der "Martinsmantel", in tagelanger Arbeit genäht durch Mitarbeiter der Caritas-Einrichtung Lederschmiede
"Verbundenheit in der Vielfalt"
Immer wieder war auch am Sonntag das Bemühen spürbar, über den begrenzten Raum der eigenen Kirche hinauszuschauen. So warnte die geschäftsführende Direktorin des Katholischen Bibelwerks, Katrin Brockmöller, in einer Dialogpredigt mit dem Limburger Bischof Bätzing davor, die eigene Religion absolut zu setzen. Die wichtigste spirituelle Übung sei heute vielleicht, "in der Vielfalt die Verbundenheit zu spüren", so Brockmöller in einer Bibelauslegung.
Bätzing selbst beschäftigte sich besonders mit dem Problem des christlichen Antisemitismus: "Was das Christentum über die Jahrhunderte durch Abwertung und Verleumdung an Schuld auf sich geladen hat, ist schier unermesslich. Ich bin froh, dass wir heute von und mit unseren Geschwistern im Glauben versöhnt sprechen können."
Rückblick: Steinmeier, Scholz und 27.000 Gläubige
Der Katholikentag war am Mittwochabend in Anwesenheit von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eröffnet worden. Am Freitag hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf einem Podium den Deutschen für ihre Hilfsbereitschaft gegenüber Hunderttausenden ukrainischen Flüchtlingen gedankt.
Insgesamt verzeichnete der Katholikentag etwa 27.000 Präsenz-Teilnehmer, davon 20.000 Dauerteilnehmer und 7.000 Tagesgäste. Beim letzten Katholikentag 2018 in Münster waren mehr als drei Mal so viele Teilnehmer gezählt worden, etwa 90.000. Der starke Rückgang wird zum einen auf die Corona-Pandemie, zum anderen auf die Krise der Kirche etwa durch den Missbrauchsskandal zurückgeführt.
Giordano-Bruno-Stiftung kritisiert staatliche Zuschüsse
Die humanistische Giordano-Bruno-Stiftung, die sich in der Tradition der Aufklärung sieht, kritisierte die öffentlichen Zuschüsse von Stadt, Land und Bund für den Katholikentag. "Diese absurd hohen Fördersummen sind mit einem weltanschaulich neutralen Staat nicht zu vereinbaren", sagte Aktionsleiter David Farago.
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