Armin Laschet, Annalena Baerbock, Olaf Scholz (von links nach rechts).
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Die Umfragewerte der Kanzlerkandidaten sorgen für Diskussionen, auch über einen möglichen Kandidatenwechsel wird spekuliert.

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Kanzlerkandidatur: Ist ein Wechsel in letzter Minute möglich?

Seit einigen Monaten stehen die Kanzlerkandidaten der Parteien fest. Doch die neuesten Umfragewerte sorgen für Diskussionen - auch über einen möglichen Kandidatenwechsel wird spekuliert. Aber wäre das überhaupt möglich? Ein #Faktenfuchs.

Die Kanzlerkandidaten der Parteien sorgen seit Tagen für Diskussionen im Netz. Während der Kanzlerkandidat der SPD, Olaf Scholz, zuletzt an Beliebtheit gewann, sanken die Umfragewerte für Annalena Baerbock, Kanzlerkandidatin der Grünen und Armin Laschet, Kanzlerkandidat der Union, deutlich. Im Netz wird deshalb über einen möglichen Kanzlerkandidatenwechsel diskutiert - auch angestoßen durch eine Umfrage, laut derer 70 Prozent der Unions-Wähler Laschet gerne durch den CSU-Parteichef Markus Söder ersetzen würden. In einem Forum rechnet ein User fest damit, dass die Union im Falle von Neuwahlen mit Markus Söder als Kanzlerkandidaten ins Rennen gehen würde.

  • Dieser Artikel stammt aus 2021. Alle aktuellen #Faktenfuchs-Artikel finden Sie hier
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Kanzlerkandidatur ist "schlichtes Marketing"

Könnte die Union doch noch Markus Söder ins Rennen schicken? Oder könnten sich die Grünen doch noch für Robert Habeck entscheiden? Rein theoretisch ja. Denn die Kanzlerkandidatinnen und Kanzlerkandidaten werden "von den Parteien aufgestellt, ohne dass dies in irgendeiner Weise rechtlich verbindlich wäre", schreibt Wahlrechtsexpertin Sophie Schönberger von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf dem #Faktenfuchs. Es handle sich allein "um politische Absichtserklärungen" oder - spitzer formuliert - um "schlichtes Marketing". Die Kandidatinnen und Kandidaten könnten also jederzeit von der entsprechenden Partei ausgewechselt werden - vor der Wahl, nach der Wahl oder auch im Falle einer Neuwahl.

Wechsel des Kanzlerkandidaten unwahrscheinlich

Auch wenn ein Wechsel des Kanzlerkandidaten jederzeit möglich wäre, wahrscheinlich ist dieses Szenario bei der diesjährigen Bundestagswahl nicht. Die Politikforscherin Ursula Münch bezeichnete das Gedankenspiel einen Kanzlerkandidaten wegen schlechter Umfragewerte fünf Wochen vor der Wahl auszutauschen als "utopisch".

  • Zum Artikel: Politikforscherin Münch: Laschet austauschen? "Utopisch!"

Zudem betonte Markus Söder zuletzt gegenüber dem Sender münchen.tv, dass er weder für diese Wahl, noch für die Wahl in vier Jahren zur Verfügung stehe. Er habe das Angebot einmal gemacht, "ein zweites Mal bringt überhaupt nix", so Söder.

Ein Wechsel der Spitzenkandidaten ist unüblich. In der Geschichte der Bundesrepublik wurde unmittelbar vor einer Bundestagswahl noch nie ein Kanzlerkandidat oder eine Kanzlerkandidatin "ausgetauscht". Bei der Europawahl 2019 kam es allerdings zu der Situation, dass der CSU-Politiker Manfred Weber als Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei, die stärkste Kraft wurde, nicht zum EU-Kommissionspräsidenten gewählt wurde. Stattdessen einigten sich die Regierungschefs auf Ursula von der Leyen, die zu dem Zeitpunkt noch die deutsche Verteidigungsministerin war und bei der Europawahl nicht in Erscheinung getreten war.

Am Ende wählt der Bundestag

Bei der Bundestagswahl am 26. September wird der Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin nicht direkt gewählt. Auf dem Wahlzettel kann man mit der Zweitstimme nur für die entsprechende Partei und deren Landesliste und mit der Erststimme direkt über einen Wahlkreiskandidaten abstimmen, nicht für einen bestimmten Kanzlerkandidaten oder eine bestimmte Kanzlerkandidatin. Die Kanzlerin oder der Kanzler wird dann auf Vorschlag des Bundespräsidenten vom neu gewählten Bundestag gewählt, so steht es im Grundgesetz.

Grundsätzlich stehe es dem Bundespräsidenten dabei frei, welche Person er dem Bundestag zur Wahl vorschlägt, so eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums auf Anfrage des #Faktenfuchs. Im Grundgesetz steht nämlich nicht, dass die vorgeschlagene Person der Spitzenkandidat oder die Spitzenkandidatin einer Partei sein müsse. Laut der Sprecherin werde mit der Aufstellung eines Kanzlerkandidaten im Wahlkampf von den Parteien "öffentlich die Erwartung zum Ausdruck gebracht, dass der Bundespräsident diese Person dem neu gewählten Deutschen Bundestag als Bundeskanzler vorschlagen wird." Die Parteien kündigen also eine Erwartung an - ein eigenes Vorschlagsrecht haben sie allerdings nicht.

Allerdings liege es dabei im Interesse des Bundespräsidenten, die Mehrheitsverhältnisse und die Absprachen unter den Parteien zu berücksichtigen, um "das Ansehen des Amtes nicht zu schädigen", so die Sprecherin.

Fazit

Eine Kanzlerkandidatur ist lediglich eine "Absichtserklärung" und in keiner Weise rechtlich bindend. Ein Kandidat oder eine Kandidatin kann also jederzeit - vor der Wahl, nach der Wahl oder auch im Falle von Neuwahlen - von der entsprechenden Partei "ausgetauscht" werden. Auch wenn ein Wechsel der Kanzlerkandidaten jederzeit möglich wäre, wahrscheinlich ist dieses Szenario bei der diesjährigen Bundestagswahl nicht.

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