Schadstoffbelastung in Städten

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Kampf gegen Abgase in München und Stuttgart

In München wird der Grenzwert für Stickstoffdioxid oft überschritten. Auch Stuttgart hat ein Luft-Problem. Doch die Regierungen beider Bundesländer und Städte scheinen machtlos gegen die Autolobby. Von Lorenz Storch und Susanne Betz

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

München: Stickstoffdioxid gefährdet die Gesundheit

Auch viele Fußgänger und Fahrradfahrer benutzen die vielbefahrene Donnersberger Brücke, weil sie weit und breit die einzige Überquerung der Schienenstränge ist, die zum Hauptbahnhof führen – dabei atmen sie zwangsläufig die Autoabgase ein.

Andreas Schuster versucht beim Interview mit dem BR bewusst flach zu atmen. Denn der Verkehrsreferent vom Münchner Umweltverband Green City weiß um die Gefahren: Viel zu viel Stickstoffdioxid wabert in der Luft. Nach den Berechnungen der Regierung von Oberbayern zwischen 50 und 60 Mikrogramm pro Kubikmeter. Der Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm. Andreas Schuster resümiert:

"Die menschliche Gesundheit ist hier an dieser Stelle wirklich gefährdet." Andreas Schuster, Verkehrsreferent, Münchner Umweltverband Green City

Stickstoffdioxid ist ein Reizgas, das die Atemwege und die Lungenbläschen direkt angreift. Asthma, Schlaganfall, Diabetes, Lungenleiden und Herzerkrankungen sind als Auswirkungen belegt. Die Leiterin des Münchner Instituts für Epidemiologie am Helmholtz-Zentrum für Umwelt und Gesundheit, Professor Annette Peters, sieht besonders Kinder gefährdet. Ihre Studien haben erbracht: Wenn Kinder an stark belasteten Wohnorten aufwachsen, entwickeln sich ihre Lungen nicht so gut wie bei Kindern, die in Viertel mit reinerer Luft leben.

Als bayerischer Innenminister ist Joachim Herrmann, CSU, auch zuständig für Verkehr. Obwohl er privat ein passionierter Radfahrer ist, hält er nichts davon, den Autoverkehr einzuschränken: "Dieselfahrverbote lehnen wir strikt ab."

Stuttgart: Feinstaub vernebelt die Hänge

Baden-Württemberg hat dagegen einen grünen Ministerpräsidenten, auch der Verkehrsminister gehört dieser Partei an, ebenso wie der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt. Doch der Luft in der Landeshauptstadt hat das bislang nichts genutzt. Im Gegenteil: Anders als München überschreitet Stuttgart die erlaubten Höchstkonzentrationen nicht nur bei Stickoxid, sondern auch beim Feinstaub. Regelmäßig z.B. am Neckartor. 

Und ebenso regelmäßig demonstrieren dort Mitglieder der Bürgerinitiative Neckartor. Sie berichten von Symptomen wie Kopfschmerzen, kratzigem Hals und langwierigen Infekten. Die Stuttgarter Hügel verschwimmen bei Feinstaub in einem Nebelschleier. Sicherlich ist das auch der besonderen Kessellage Stuttgarts geschadet, durch die drei große Bundesstraßen gehen.

Knicken die Grünen vor Autolobby ein?

Aber die Politik hat bislang auf einschneidende Maßnahmen verzichtet. Eigentlich hatte das Land in einem Vergleich mit Stuttgarter Bürgern vor dem Verwaltungsgericht zugesagt, bis zum 1. 1. 2018 den Verkehr am Neckartor bei Feinstaubalarm um mindestens 20 Prozent zu reduzieren. Das wird nicht einzuhalten sein, argumentieren die grünen Spitzen von Stadt und Land. Knickt die Partei also vor der Autolobby ein? Schließlich residieren mit Daimler-Benz und Porsche gleich zwei Autohersteller in der Stadt, dazu die wichtigen Zulieferer Bosch und Mahle. Oberbürgermeister Fritz Kuhn von den Grünen gibt es indirekt zu: 

"Die Wirtschaftsseite kann und will ich nicht auskoppeln. Weil ich vieles, was wir in der Großstadt sozial und auch kulturell machen, erst erwirtschaftet haben muss über die Gewerbesteuer." Oberbürgermeister Fritz Kuhn, Stuttgart


Die B5 Reportage

Stadtluft zum Atmen – der Kampf gegen die Schadstoffbelastung in München und Stuttgart

Reportage am Sonntag, 3.12.2017, 14:35 und 21:35 Uhr, B5aktuell

Autor: Lorenz Storch

Redaktion: Susanne Betz