Papst Franziskus mit Benedikt XVI.
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"Mercurius" geht nicht: Wonach sich Päpste nennen und warum

"Mercurius" geht nicht: Wonach sich Päpste nennen und warum

Immer, wenn weißer Rauch aus dem Schornstein der Sixtinischen Kapelle steigt und der Satz "Habemus Papam" vom Balkon des Petersdoms schallt, wartet die Welt gespannt auf den Namen, den sich der neue Papst gibt. Dahinter verbirgt sich ein Programm.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Der Brauch, dass sich ein Papst nach seiner Wahl einen neuen Namen gibt, geht auf einen Fall im 6. Jahrhundert zurück: Mercurius, benannt nach dem römischen Gott Merkur, konnte mit einem heidnischen Namen kaum das höchste Amt der katholischen Kirche bekleiden. Also entschied er sich, einen anderen Namen anzunehmen und wurde Johannes II. Damit setzte er einen Präzedenzfall.

"Das ist, soweit wir wissen, der erste Fall eines Namenswechsels – und seitdem hat sich diese Praxis eingebürgert", erklärt der Kirchenhistoriker Ulrich Nersinger im BR-Interview.

Nomen est Omen: Der Name ist Programm

Inzwischen geht es längst nicht mehr darum, unpassende Namen zu vermeiden. Der Papstname ist weit mehr als nur eine persönliche Entscheidung – er ist ein Signal. Er verrät, welche Werte der neue Pontifex betont, auf welche Tradition er sich bezieht, welche Konflikte er womöglich vermeiden will. Der Moment, in dem der Name verkündet wird, ist also nicht nur symbolisch, sondern hochpolitisch.

"Wenn der Name vom Balkon verkündet wird, wissen wir oft schon sehr viel über das Programm dieses Papstes", sagt der Kirchenhistoriker. Der Papst verbindet mit seinem Namen eine Haltung, ja fast ein Regierungsprogramm. Ein Pius steht zum Beispiel für konservative Strenge. Johannes Paul nahm die Namen seiner beiden Vorgänger, Johannes XXII. und Paul VI. zusammen und führte damit deren Programm der Öffnung der katholischen Kirche weiter. Franziskus erinnere an den berühmten Ordensmann der Armut und die Bewunderung der Schöpfung.

Manche wissen es schon vorher – andere improvisieren

Bereiten Papstkandidaten ihren Namen vor? Oder ist es eine spontane Eingebung?

"Das ist sehr unterschiedlich", so der Kirchenhistoriker Nersinger. "Es gibt Kardinäle, die gar nicht damit rechnen, gewählt zu werden. Die überlegen dann lange – so lange, dass der Zeremonienmeister, der den neuen Namen erfahren soll, warten muss."

Andere sind selbstbewusster und gehen schon mit einem potenziellen Namen ins Konklave. Manchmal ist es auch ein symbolischer Kompromiss. Bei Joseph Ratzinger, dem späteren Benedikt XVI., vermutet man eine "Verlegenheitslösung". Denn der Name steht nicht eindeutig für eine bestimmte Linie – weder progressiv noch streng konservativ. Er sollte wohl vor allem neutral und verbindend wirken.

Franziskus – entstanden durch einen Zuruf

Die Namenswahl von Papst Franziskus im Jahr 2013 hatte wohl einen spontanen Hintergrund. Der damalige Kardinal Jorge Mario Bergoglio soll von einem Mitkardinal geflüstert bekommen haben: "Vergiss die Armen nicht!" Das inspirierte ihn zu seinem Papstnamen, der auf den heiligen Franz von Assisi anspielt – ein radikaler Vertreter von Armut, Frieden und Demut.

Könnte ein Papst auch Samuel heißen?

Bislang orientieren sich Papstnamen meist an Vorbildern aus der Kirchengeschichte – oft aus dem Neuen Testament oder der frühen Kirche. Aber wäre auch ein Name aus dem Alten Testament denkbar? Ein Name wie Samuel?

"Das wäre sogar ein starkes Zeichen – es würde Altes und Neues Testament verbinden und wäre auch eine Brücke zum Judentum", so Kirchenhistoriker Nersinger. Grenzen setzt nur der katholische Glaube: Namen wie Mercurius sind weiterhin tabu.

Die Favoriten unter den Papstnamen

Ein Blick in die Geschichte zeigt: Manche Namen sind besonders beliebt. Rekordhalter ist Johannes mit 23 Päpsten, gefolgt von Gregor (16 Mal), Leo (inzwischen 14 Mal) und Pius (12 Mal). Andere Namen wurden nur selten verwendet – Petrus zum Beispiel wurde nie ein zweites Mal vergeben. Aus Respekt vor dem ersten Bischof von Rom bleibt dieser Name unberührt. Der am Donnerstag gewählte neue Papst Robert Francis Prevost hat sich für den Namen Leo XIV. entschieden. Der letzte Papst mit dem Namen Leo hatte das Amt von 1878 bis 1903 inne.

Wer war Leo?

Mit dem Namen Leo XIV. knüpft der neue Papst an eine große Tradition an. Besonders Leo XIII. (1878–1903) gilt als eine Schlüsselfigur der Kirchengeschichte: Er öffnete die Kirche behutsam für die moderne Welt und legte mit seiner Sozialenzyklika "Rerum Novarum" den Grundstein für die katholische Soziallehre. Leo XIII. trat als versöhnlicher Diplomat auf, öffnete die Vatikan-Archive für die Forschung und zeigte früh ökumenisches Interesse. Obwohl er bei seiner Wahl nur als Übergangskandidat galt, führte er die Kirche über 25 Jahre lang mit Weitblick – ein Erbe, an das Leo XIV. nun symbolisch anknüpft.

Im Video: Wie Franziskus Papst wurde (28.4.2025)

Der Petersplatz in Rom
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31 Tage in Rom

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