Benjamin Netanjahu nach seiner Rede in der Knesset
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Benjamin Netanjahu nach seiner Rede in der Knesset

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Israels rechts-religiöse Regierung im Parlament vereidigt

Das israelische Parlament hat der neuen Regierung von Benjamin Netanjahu das Vertrauen ausgesprochen. Anschließend wurde Netanjahu vereidigt. Zur Regierung gehören religiöse Fundamentalisten und Nationalisten. Kritiker fürchten um den Rechtsstaat.

Knapp zwei Monate nach der Parlamentswahl in Israel ist die Regierung des Siegers Benjamin Netanjahu in Jerusalem vereidigt worden. Es ist die am weitesten rechts stehende Regierung, die Israel je hatte.

Der frühere Langzeit-Ministerpräsident Netanjahu ist damit nach anderthalb Jahren zurück an der Macht. In Israels Geschichte war niemand länger im Amt als der 73-Jährige. Es ist bereits die sechste Regierung, die er bildet. Ein Regierungswechsel sei nicht der Untergang Israels oder der Demokratie, sagte Netanjahu in Richtung Opposition: "Eine Wahl zu verlieren ist nicht das Ende der Demokratie, es ist das Wesen der Demokratie."

Wenig Aussicht auf Verständigung mit Arabern

Vor der Knesset, dem Parlament Israels, stellte Netanjahu sein Programm vor. Als zentrale Ziele nannte er dabei die Verhinderung eines nuklearen Irans, den Bau eines Hochgeschwindigkeitszugs durch Israel sowie weitere Friedensabkommen mit arabischen Ländern. Oberste Priorität habe die Beendigung des Konflikts zwischen Israel und Arabern. Friedliche Lösungen dafür sind indes nicht in Sicht: Der Regierung gehören etliche radikal-orthodoxe und ultrarechte Minister an.

Unter Palästinensern und auch im Ausland hat vor allem die Aufnahme von Itamar Ben-Gvir von der nationalistischen Partei Jüdische Kraft und von Bezalel Smotrich von der Partei Religiöser Zionismus in das Kabinett Unruhe ausgelöst. Beide lehnen einen Palästinenser-Staat ab und befürworten die Ausweitung israelischen Territoriums ins besetzte Westjordanland. Ben-Gvir soll Sicherheitsminister mit Zuständigkeiten für die Polizei werden.

"Überwindungsklausel" Gefahr für Gewaltenteilung?

Wichtigster Kritikpunkt der Netanjahu-Gegner: Die neue Regierung will tiefgreifende politische Veränderungen durchsetzen, die Netanjahu auch bei seinem aktuell laufenden Korruptionsprozess in die Hände spielen könnten. Es wurden bereits mehrere umstrittene Gesetzesänderungen auf den Weg gebracht, die als Voraussetzung für einen gemeinsamen Koalitionsvertrag gelten. Darunter ist auch eine sogenannte Überwindungsklausel, mit der eine Mehrheit der Knesset Gesetze verabschieden kann, auch wenn das Höchste Gericht diese als illegal einstuft.

Israels Staatspräsident Herzog mahnt

Israels Präsident Isaac Herzog äußerte Bedenken gegenüber der neuen Regierung. Eine Situation, in der Bürger Israels aufgrund ihrer Identität oder ihrer Werte Drohungen befürchten müssten, widerspreche den grundlegenden demokratischen und ethischen Prinzipien des Landes, schrieb er am Sonntag auf Twitter.

Mehrere Unternehmen pochen auf Antidiskriminierung, vor der Knesset demonstrierten am Vormittag Regierungsgegner gegen einen Rechtsaußen-Kurs der Regierung. Die katholischen Bischöfe des Heiligen Landes hatten Mitte Dezember vor der Gefahr eines weiteren Gewaltanstiegs durch spalterische Tendenzen in Teilen der neuen Regierungskoalition gewarnt.

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Regierungsgegner vor der Knesset (29.12.)

Scholz wünscht "gutes Gelingen"

Bundeskanzler Olaf Scholz gratulierte Netanjahu zur Amtsübernahme. "Für die anstehenden Aufgaben wünsche ich Ihnen gutes Gelingen, eine glückliche Hand und viel Erfolg", schrieb der SPD-Politiker. Israel und Deutschland verbinde eine besondere und enge Freundschaft, schrieb Scholz weiter. Diese Grundlage der partnerschaftlichen Zusammenarbeit der beiden Länder werde man weiter pflegen.

Sechste Amtszeit für Netanjahu

Bei der Parlamentswahl Anfang November - der fünften Wahl in nur dreieinhalb Jahren - war der von Netanjahu angeführte Block auf 64 der 120 Sitze umfassenden Knesset gekommen. Die Hälfte davon gehört zu Netanjahus Regierungspartei Likud, die andere Hälfte zu dem rechtsextremen Religiös-Zionistischen Bündnis sowie zwei strengreligiösen Parteien. Es ist seine sechste Amtszeit als Ministerpräsident. Derzeit steht Netanjahu wegen Korruptionsvorwürfen vor Gericht.

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