Bundesinnenminister Seehofer (CSU) hat zum Auftakt der Deutschen Islamkonferenz klargestellt, dass Deutschland nicht gegen den Islam kämpfe, sondern gegen Terroristen und Feinde einer offenen Gesellschaft. Die jüngste Serie islamistischer Attentate in Europa behindere nicht die Zusammenarbeit zwischen staatlichen Institutionen und muslimischen Vereinigungen in Deutschland. Im Gegenteil: Bereits begonnene Projekte würden fortgesetzt. "Wir lassen uns durch Terrorismus und Extremismus nicht aus der Bahn bringen", so Seehofer.
Lehrgang für Imame in Osnabrück
Der von seinem Ministerium geförderte neue zweijährige Lehrgang für deutschsprachige Imame in Osnabrück sei gerade ein Beitrag zur Verhinderung von Radikalisierung - und damit "gut angelegtes Geld für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Lande", unterstreicht Seehofer. Die Ausbildung für Imame, Gemeindepädagogen und Seelsorger startet im kommenden April. Er steht auch Frauen offen und findet am Islamkolleg in Osnabrück ausschließlich in deutscher Sprache statt.
Ausbildung in Deutschland: "Schritt in richtige Richtung"
Nahost-Experte Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik begrüßt im BR-Gespräch diese Initiative, gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Äußerungen des türkischen Präsidenten zu den Mohammed-Karikaturen. "Wenn hier junge Leute unabhängig von staatlichen Akteuren, unabhängig vor allem von der Türkei ausgebildet werden, glaube ich, ist das ein Schritt in die richtige Richtung," sagte Steinberg im "Thema des Tages" auf B5 aktuell.
Nach der Ermordung eines Geschichtslehrers bei Paris hatte der französische Präsident Emmanuel Macron das Zeigen der Karikaturen im Namen der Meinungsfreiheit verteidigt. Erdogan rief daraufhin zum Boykott französischer Waren auf und griff Macron auch persönlich verbal an.
Islamexperte: "Entscheidend ist, was Imame vermitteln"
Der Psychologe und Islamexperte Ahmad Mansour sieht in der Imam-Ausbildung in Deutschland nicht den entscheidenden Faktor für einen gemäßigten Islam. Im Interview mit der Rundschau im BR Fernsehen sagte er: "Es geht nicht um die Sprache oder wo diese Ausbildung stattfindet, sondern was diese Imame vermitteln. Wenn sie einen Islam vermitteln, der ohne wenn und aber hinter Demokratie und Menschenrechten steht, dann haben wir viel erreicht." Das dies derzeit so sei, bezweifle er aber.
Gemeinden sollen unabhängig werden
Entscheidend sei, dass die in Deutschland ausgebildeten Geistlichen anschließend auch tatsächlich in den Moscheegemeinden als Prediger eingesetzt würden, sagte der CDU-Innenpolitiker Christoph de Vries. Denn es sei "fundamental wichtig", dass die islamischen Religionsgemeinschaften hierzulande organisatorisch, finanziell und personell nicht von ausländischen Regierungen abhängig seien.
Seehofer: Sorgen selbst für unsere muslimischen Bürger
Bundesinnenminister Seehofer erwartet, dass vor allem die Türkei von nun an Schritt für Schritt die Zahl der nach Deutschland entsendeten islamischen Prediger reduziert. Denn diese Entsendung sei nicht mehr zeitgemäß.
Wenn Europa zur Heimat von Muslimen geworden sei, "dann bedarf es keiner Einmischung und Einflussnahme mehr von außen". Seine Botschaft sei: "Wir sorgen für unsere muslimischen Bürger und Bürgerinnen selbst."
Der Berliner Diplom-Psychologe und Islamexperte Ahmad Mansour.
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