Christian Lindner (FDP) im Gespräch mit Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) (Aufnahme vom 30.03.2023)
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Christian Lindner (FDP) im Gespräch mit Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) (Aufnahme vom 30.03.2023)

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Heizungsgesetz: SPD und Grüne erwarten Einigung - die FDP bremst

Das Heizungsgesetz bleibt eine Baustelle für die Ampel-Koalition. Nach den jüngsten Gesprächen sieht die FDP weiter offene Fragen, SPD und Grüne erhöhen dagegen den Druck auf die Liberalen. Und die Union mahnt die Führung des Bundeskanzlers an.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte sich am Dienstagabend mit Fachpolitikern der Ampel-Koalition getroffen, um über offene Fragen der FDP zu den Plänen für das Gebäudeenergiegesetz zu beraten. Zuvor hatte Habeck mögliche Kompromisslinien zu dem Gesetzentwurf aufgezeigt.

Kompromisslinien vom Wirtschaftsminister

Der Entwurf sieht in seiner bisherigen Fassung vor, dass im Regelfall neue Heizungen ab 2024 nur noch eingebaut werden dürfen, wenn sie zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden können. Der Wirtschaftsminister schlug nun vor, dies möglicherweise zunächst auf Neubauten zu beschränken und für Bestandsgebäude erst später in Kraft zu setzen. Zudem zeigte er sich zu weiteren Flexibilisierungen der Vorschriften bereit, etwa, was das Heizen mit Holzpellets angeht.

Er hoffe, dass die Diskussion nun "eine konstruktive, lösungsorientierte" Richtung einschlage, erklärte Habeck vor dem Koalitions-Treffen, auch FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler bescheinigte dem Minister vor dem Termin, er habe einen ersten guten Schritt gemacht: "Es freut mich, das wir jetzt wirklich Bewegung in der Sache sehen." Das Gesetz müsse grundlegend überarbeitet werden. Die Menschen dürften nicht überfordert werden.

SPD und Grüne machen Druck auf FDP

Nach dem Treffen drang allerdings nicht viel über Ergebnisse nach außen. "Es war ein konstruktives, fachliches Gespräch, das hoffentlich hilft, Fragen zu klären", sagte eine Sprecherin Habecks in einer denkbar knapp und allgemein gehaltenen Stellungnahme. Man werde den Berichterstattern der Koalitionsfraktionen ihre Fragen "noch zusätzlich schriftlich beantworten", hieß es. In den nächsten Tagen werde es weitere Gespräche geben, unter anderem im Kreis mit Verbänden.

Weit wortreicher fielen die Versuche von Grünen und SPD aus, den Druck auf die FDP zu erhöhen, indem sie verkündeten, man sei einer Einigung nun deutlich näher gekommen und die Liberalen müssten sich jetzt nur noch ein klein wenig bewegen, um das Gesetz noch vor der parlamentarischen Sommerpause ab dem 8. Juli verabschieden zu können, wie es vor allem die Grünen wünschen.

Kühnert: FDP soll "jetzt mal grünes Licht geben"

Mit "etwas gutem Willen" sei eine Verabschiedung vor der Sommerpause Anfang Juli möglich, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, den Sendern RTL und ntv. "Wir nähern uns jetzt wirklich der Zielgeraden", erklärte auch SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert am Dienstagabend in der Sendung "RTL direkt". Er habe nach den Gesprächen "den klaren Eindruck, alle wollen den Kompromiss und wir sollten ihn auch noch vor der parlamentarischen Sommerpause schließen".

Kühnert appellierte an die Liberalen, den Weg für die Beratungen im Bundestag freizumachen. Die FDP solle "jetzt mal grünes Licht geben, dass wir in der nächsten Sitzungswoche - das ist in zwei Wochen - die erste Beratung vornehmen können". Dann könne noch vor der Sommerpause ein Beschluss erfolgen.

Grüne: Bürger erwarten Klarheit

Auch die Fraktionschefin der Grünen, Katharina Dröge, äußerte sich betont zuversichtlich. Sie sagte im Deutschlandfunk, das Fachleute-Gespräch habe gezeigt, dass Kompromisse möglich seien. Sie sei optimistisch, jetzt zügig "in einen Beratungsmodus zu kommen". Die Bürgerinnen und Bürger erwarteten zu Recht Klarheit in der Heizungsfrage, betonte sie.

Grünen-Fraktionsvize Julia Verlinden äußerte gegenüber der "Rheinischen Post", es sei wichtig, jetzt zügig Planungssicherheit zu schaffen und das Heizungsgesetz noch vor der Sommerpause zu verabschieden.

Die FPD sieht noch ungeklärte Fragen

Die Liberalen jedoch machten auch nach dem Gespräch am Dienstagabend deutlich, dass sie keinen Grund zur Eile sehen. Fraktionsvize Christoph Meyer sagte dem rbb, man werde sich "sicher nicht unter künstlichen Zeitdruck setzen lassen". Er sei skeptisch, ob das Gesetz wirklich bis zum Sommer beschlossen werden könne.

"Das Ganze muss am Ende bezahlbar sein - sowohl für den einzelnen Eigentümer als auch für den Staat", sagte Meyer. "Und das sind alles Themen, die noch nicht geklärt sind und die aufgrund der Kleinteiligkeit in dem jetzigen Gesetzentwurf unüberschaubar sind." Es gehe darum, weniger Vorschriften zu machen. "Wir wollen den Gesetzentwurf einfach machen und das benötigt seine Zeit", betonte Meyer.

Liberale pochen auf Technologieoffenheit

Laut Gesetzentwurf soll von Anfang 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit Öko-Energie betrieben werden. Der Umstieg soll sozial abgefedert werden, außerdem soll es Übergangsfristen und Härtefallregelungen geben. Die Details sind aber noch heftig umstritten.

Die FDP will mehr "Technologieoffenheit" und nicht nur verstärkt auf die Wärmepumpe setzen. FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler nannte als einen wichtigen Bestandteil das Heizen mit Holz oder Holzpellets. Außerdem sei es wichtig, das Gebäudeenergiegesetz mit den geplanten Regelungen zur "kommunalen Wärmeplanung" zu verbinden. Die Menschen müssten wissen, was in ihrer Kommune passiere - ob es zum Beispiel ab 2035 noch die Möglichkeit gebe, Gasheizungen dann mit Wasserstoff zu betreiben.

Doch keine Einigung bei kommunaler Wärmeplanung?

Mit dem Gebäudeenergiegesetz eng verknüpft ist das vom Bauministerium vorgelegte Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung - und zumindest hier sah es so aus, als hätte die Koalition eine Einigung erzielt. Der Entwurf könne nach jüngsten Verhandlungen am Mittwoch "in die Länder- und Verbändeanhörung" gehen, hatte eine Sprecherin von Bauministerin Klara Geywitz (SPD) am Dienstagabend erklärt. Der "Versendewiderspruch" innerhalb der Bundesregierung sei aufgehoben worden. Damit begännen nun die Beratungen mit den Ländern und Verbänden.

Doch aus der FDP wurden Zweifel an der von Geywitz vermeldeten Grundsatzeinigung laut. "Das halte ich ehrlich gesagt für eine Falschmeldung", sagte der FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler bei Welt TV. Das geplante Gesetz sei "undurchführbar", ähnlich schlecht gemacht wie das Gebäudeenergiegesetz und "ein Bürokratie-Monster". Aus dem von FDP-Chef Lindner geführten Finanzministerium hieß es, man habe zwar zugestimmt, den Entwurf zur Beratung an Länder und Verbände zu verschicken, eine inhaltliche Zustimmung sei damit aber "ausdrücklich nicht verbunden".

CDU vermisst Führung durch die Kanzler-Partei

Die Opposition im Bundestag dürfte dieses Dementi der Liberalen zu weiterer Kritik am Ampel-Streit nutzen - zusätzlich zu den "genüsslichen" Hinweisen auf den ausstehenden Konsens beim Gebäudeenergiegesetz.

CDU-Generalsekretär Mario Czaja warf der SPD und Bundeskanzler Olaf Scholz angesichts des Koalitionsstreits um das Heizungsgesetz bereits mangelnde Führung vor. "Die SPD führt überhaupt nicht", sagte er im ZDF-"Morgenmagazin". Es gebe weit über 70 Gesetze, die mangels einer Einigung zurückgestellt seien. Scholz lasse "diese Streitigkeiten alle laufen". Vorwürfe, die CDU habe in ihren 16 Jahren an der Regierung selbst die Wärmewende verschlafen, wies Czaja zurück.

Verbände drängen auf Einigung

Kevin Kühnert wies diese Kritik zurück: "Moderne Führung besteht nicht darin, der lauteste Maxe zu sein", erklärte er. Eine Einigung mahnt jedoch nicht nur die Opposition an, auch etliche Verbände drücken aufs Tempo. So beklagt etwa Ramona Pop, Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbands, durch die andauernde Hängepartie beim Gebäudeenergiegesetz fehle es den Verbraucherinnen und Verbrauchern an Planungssicherheit. Und Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie, sagte, die Koalition müsse nun schnell Klarheit schaffen.

Mit Informationen von AFP und dpa

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