Bioscan-Gerät
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Bioscan-Gerät

    Harte Strafen wegen Betrugs mit pseudomedizinischen Messgeräten

    Laut Werbeversprechen sollte das Gerät "Bioscan" binnen Sekunden wichtige Gesundheitsdaten erfassen - dabei kann es einen Menschen nicht von einem Leberkäse unterscheiden. Nun wurden die Urteile in dem Betrugsfall gesprochen.

    Das Reutlinger Amtsgericht hat ein Exempel statuiert: Wer mit pseudomedizinischen Versprechen wirbt, kann wegen Betruges in Haft kommen.

    Die beiden Geschäftsführer eines Instituts, das ein Messgerät unter dem Namen Bioscan vertreibt, wurden jetzt zu Haftstrafen von drei beziehungsweise zwei Jahren ohne Bewährung verurteilt. Die Vertriebsleiterin kam mit einer Geldstrafe davon.

    Beide Angeklagten wurden noch im Gerichtssaal verhaftet und in unterschiedliche Haftanstalten gebracht. Außerdem müssen sie die Brutto-Umsätze aus dem Verkauf der Geräte seit 2015 zurückzahlen, das sind über vier Millionen Euro.

    report München überführte "Bioscan"

    Recherchen von report München zu Bioscan-Geräten, die angeblich binnen Sekunden medizinisch wichtige Gesundheitsdaten liefern können, haben zu dem Prozess vor dem Schöffengericht des Amtsgerichtes Reutlingen geführt.

    Die Geräte kamen in Apotheken, bei Heilpraktikern und sogar bei Ärzten zum Einsatz. Das Werbeversprechen: Über 200 Gesundheitsdaten könnten so binnen Sekunden erfasst werden. Recherchen von report München hatte das Werbeversprechen schon 2018 deutlich in Frage gestellt.

    Verhaftung im Gerichtssaal

    Das Gericht ging im Strafmaß über den Antrag der Staatsanwaltschaft weit hinaus und ließ die Angeklagten noch im Gerichtssaal verhaften: Es drohe Wiederholungsgefahr, da die Angeklagten das Gerät weiter vertrieben, sogar noch während des Prozesses, sagte Richter Eberhard Hausch in der Urteilsbegründung. Das Gerät enthalte keinerlei werthaltigen Bauteile, und könne überhaupt nichts messen. Das hätten beide Angeklagten gewusst. Deswegen wurden sie wegen gewerbsmäßigem Betrug und Verstößen gegen das Heilmittelwerbegesetz verurteilt.

    Mensch oder Leberkäse?

    Recherchen von report München hatten den Betrug bereits 2018 aufgedeckt. Professor Walter Dorsch, Allergologe aus München, hatte die Testreihen für report München durchgeführt und kam zum Ergebnis, das gar nichts gemessen werde - die Messergebnisse seien vom Computer generiert, vermutete er damals.

    Die Geräte, die unter dem Namen Bioscan vermarktet wurden, sollten angeblich Schwingungen im Informationsfeld des menschlichen Körpers messen. Doch das Gerät lieferte im Test für dieselbe Person unterschiedliche Ergebnisse, je nachdem welches Alter und welcher Name eingegeben wurde. Identische Daten aber lieferte das Gerät bei Messungen mit einem Leberkäse und einem Menschen - wenn der gleiche Name und das gleiche Alter eingegeben wurden.

    Die bayerischen Behörden waren danach dennoch lange untätig geblieben.

    Gutachter bestätigt Recherchen

    Beim Prozess in Reutlingen bestätigten Gutachter und Zeugen nun die report München-Recherchen. Das Gerät führe keine Messungen durch und könne das auch gar nicht, sagte Olaf Dösel, Professor für Medizintechnik, der als Gutachter bestellt war. Er bezifferte den Materialwert auf ca. 30 bis 50 Euro. Der mitgelieferte Laptop koste etwa 300 Euro. Verkauft wurde der Bioscan aber zu Preisen bis über 5.000 Euro.

    Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Verteidiger haben Haftbeschwerde eingelegt und Berufung beim Landgericht Tübingen.

    Aktualisierung vom 24.06.2022:

    Der Haftbeschwerde wurde zwischenzeitlich stattgegeben. Die beiden Männer sind wieder auf freiem Fuß. Vor dem Landgericht Tübingen wird der Fall nun erneut aufgerollt. Ein Termin steht noch nicht fest.

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