Der russische Gazprom-Konzern will die Ostsee-Gaspipeline Nordstream 1 ab dem 11. Juli routinemäßig Wartungsarbeiten unterziehen. Sollten diese sich länger hinziehen als geplant, könnte sich das negativ auswirken, erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne): "Wenn sich die Dinge verschärfen, dann rutschen wir in ein Szenario rein, wo wir nicht genug Gas haben, über den Winter zu kommen." Habeck warnte deshalb vor möglichen Zwangs-Drosselungen.
Habeck: Gas-Reduktion würde zu schwerer Wirtschaftskrise führen
Während der für zehn Tage geplanten Wartungsarbeiten an Nordstream 1 strömt kein Gas durch die Pipeline nach Deutschland. Diese Arbeiten sind zwar nichts Ungewöhnliches und aus Sicherheitsgründen vorgeschrieben, trotzdem blickt man in der aktuellen Lage nervös in Richtung Russland.
Derzeit sei die Versorgungssicherheit gewährleistet, so Wirtschaftsminister Habeck. Jedoch: "Die Gegenwart täuscht über die bedrohliche Situation im Winter hinweg, und um diese zu bestehen, müssen wir die Speicher voll haben." Über den Winter drohe "mittelfristig" ein Szenario, "dass tatsächlich Reduktionen gesetzlich verordnet werden müssen", sagte Habeck vor einem Treffen mit den Energieministern der EU-Länder in Luxemburg.
Eine solche Reduktion würde in Europa und Deutschland seiner Einschätzung nach "zu einer schweren Wirtschaftskrise" führen. Wer von Reduktionen betroffen sein könnte, hänge davon ab, wie kalt der Winter werde, wo es "regionale Versorgungsengpässe" gebe und davon, welche Industrien in welchen Lieferketten hingen.
Ausbau erneuerbarer Energien und europäische Solidarität
Habeck betonte gleichzeitig, dass "solidarisches" und "sehr schnelles Handeln" nötig sei, um ein solches Szenario zu vermeiden. Damit es nicht dazu komme, könnten der schnelle Ausbau der erneuerbaren Energien und die Steigerung von Energieeffizienz "maßgebliche Bestandteile sein", fügte er hinzu.
Bei dem Treffen der Energieminister sagte der Wirtschaftsminister, er habe eine Absichtserklärung mit seinen osteuropäischen Kollegen unterzeichnet, um sich bei der Energiesicherheit gegenseitig zu unterstützen. Deutschland sei bereit, Nachbarländer wie Tschechien, Österreich, Polen und auch Frankreich zu unterstützen - und umgekehrt. "Wir würden überhaupt nicht vorankommen, wenn wir in dieser Situation nicht auf Frankreich, auf Belgien, auf die Niederlande, auch auf Norwegen zurückgreifen könnten, die uns ja unterstützen", sagte Habeck. Auch Algerien erhöhe die Gasmengen, die über Italien geliefert würden. "Wir sind hier auf eine Solidarität verpflichtet und angewiesen", so der Grünen-Politiker.
Russland hat Gas-Lieferung bereits deutlich reduziert
Die an dem Treffen teilnehmende EU-Energiekommissarin Kadri Simson sagte, dass derzeit zwölf der 27 Mitgliedstaaten weniger Gas vom russischen Energiekonzern Gazprom geliefert bekämen.
Russland hat bereits jetzt die Kapazität der Pipeline auf 40 Prozent verringert und die Schuld daran dem Umstand gegeben, dass eine in Kanada überholte Gasturbine von Siemens Energy wegen der Russland-Sanktionen nicht an die Ostsee-Pipeline ausgeliefert werden kann. Habeck hat dies als Vorwand zurückgewiesen. Russland führe einen Wirtschaftskrieg gegen Deutschland. Die Regierung in Moskau erklärte, man sei ein zuverlässiger Energielieferant und erfülle alle Verpflichtungen.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!