Klimaschutz-Aktivisten der "Letzten Generation" haben das Denkmal mit Grundgesetz-Artikeln am Bundestag mit schwarzer Farbe übergossen – "in Erdöl getränkt", wie die Gruppe wissen ließ. Außerdem beklebten die Aktivisten Glasflächen des Denkmals mit Plakaten, unter anderem mit dem Schriftzug "Erdöl oder Grundrechte?"
Empörung quer durch alle Parteien
"Mich hat die Nachricht von der heutigen Protest-Aktion nahe dem Deutschen Bundestag wirklich erschüttert", erklärte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD). "Ein Kunstwerk mit unserem Grundgesetz wurde beschmiert. Das empört mich, und dafür fehlt mir jedes Verständnis." Sie hoffe, "dass die Glastafeln des Kunstwerks nicht nachhaltig beschädigt worden sind".
Welche Botschaft mit dem Beschmieren des Denkmals auch verbunden sein solle, "sie kann nur falsch sein", schrieb Bundesjustizminister Buschmann (FDP) auf Twitter. "Das Grundgesetz steht für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat. Das gehört nie und für nichts in den Schmutz gezogen!" Auch der Vorsitzende des Geheimdienst-Kontrollgremiums im Bundestag, Konstantin von Notz (Grüne), verurteilte die Tat.
Bestürzung auch in Bayern
"Wer das Grundgesetz beschmiert, ist demokratieunfähig und schadet sich selbst", so Landtagspräsidentin Ilse Aigner auf Twitter. Auch FDP-Landeschef Martin Hagen reagierte empört: "Die "Letzte Generation" besudelt unser Grundgesetz. Demaskierend".
Der parlamentarische Geschäftsführer der CSU im Bundestag, Stefan Müller, erklärte, mit der Aktion zeige die Letzte Generation "einmal mehr, wie ablehnend sie unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung gegenübersteht".
Bogen überspannt? Vergleiche mit den Taliban stoßen auf Entsetzen
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth (SPD), kritisierte auf Twitter "eine billige, würdelose Aktion". Es gehe den Aktivisten nicht um Grundrechte, sie zerstörten vielmehr Kunst "ähnlich wie die Taliban". Mit dem Vergleich mit der radikalislamistischen Terrorgruppe zog Roth allerdings einen wahren Shitstorm bei den Twitterusern auf sich. "Unfassbar dämlich", "würdelos", "pietätlos", so die Reaktionen.
Die Linken-Bundestagsabgeordnete Clara Bünger kritisierte Roth scharf: "Absolut würdelos und pietätlos dieser Vergleich, vor dem Hintergrund, dass die Taliban foltern, morden und vergewaltigen. So etwas disqualifiziert sie für den Vorsitz des Auswärtigen Ausschusses - löschen sie endlich diesen Tweet!"
Roth ist jedoch nicht der einzige, der die Parallele zur mordenden Terrorgruppe zieht. Der Bundestagsabgeordnete Florian Hahn (CSU) sieht das genauso: "Die #LetzteGeneration ist keinen Deut besser als die Taliban. Dieses Monument der Demokratie zu schänden, ist einfach nur widerlich."
Die Reaktionen auf den erneuten Taliban-Vergleich lassen sich beispielhaft an einem Tweet zusammenfassen - hier von Nils Gerster: "Sagen Sie mal, Herr Hahn, sind Sie eigentlich noch ganz bei Trost? Was Sie hier erzählen, ist die Verharmlosung von Mördern und Frauenverächtern der schlimmsten Sorte, namentlich der Taliban."
Die Protestaktion der "Letzten Generation" richtete sich gegen die weitere Nutzung fossiler Brennstoffe wie Erdöl. Das Bundesverfassungsgericht habe 2021 festgestellt, dass der Staat auf Grundlage von Artikel zwei des Grundgesetzes auch die Verpflichtung habe, "Leben und Gesundheit vor den Gefahren des Klimawandels zu schützen", erklärten die Aktivisten. Die Bundesregierung befeuere aber die Klimakatastrophe und plane laut Klimaschutzgesetz, Deutschland erst 2045 klimaneutral zu machen.
Polizei stellt Strafanzeigen
An der Aktion seien sechs Menschen beteiligt gewesen, teilte die Polizei Berlin mit. Einsatzkräfte hätten ihre Personalien festgestellt und Platzverweise erteilt. Es seien mehrere Strafanzeigen gestellt worden, sagte eine Sprecherin am Nachmittag. Dabei gehe es um gemeinschädliche Sachbeschädigung sowie Verstöße gegen das Versammlungsfreiheitsgesetz und das Gesetz über befriedete Bezirke der Verfassungsorgane des Bundes. Mit was für einer Flüssigkeit das Denkmal beschmiert wurde, war vorerst unklar. Es seien Proben entnommen worden, sagte die Polizeisprecherin. "Ergebnisse stehen noch aus."
Das Denkmal "Grundgesetz 49" besteht aus 19 Glasscheiben mit einer Höhe von rund drei Metern. In sie sind die 19 Grundrechte des Grundgesetzes mit Laser eingraviert. Das Werk wurde vom israelischen Künstler Dani Karavan geschaffen und 2002 enthüllt.
Mit Informationen von AFP und dpa
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