12.04.2023, Berlin: Cem Özdemir (Bündnis90/Die Grünen,l), Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, und Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, stellen bei einer Pressekonferenz die Gesetzespläne für den Konsum und Verkauf von Cannabis vor. Foto: Britta Pedersen/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Vorstellung der Cannabis-Gesetzespläne

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Regierung plant beschränkte Freigabe von Cannabis

Cannabis soll zunächst im privaten Bereich und in besonderen Vereinen legalisiert werden. Einen entsprechenden Gesetzesplan stellten Gesundheitsminister Lauterbach und Agrarminister Özdemir heute vor. Die CSU erneuerte ihre Kritik am Ampel-Vorstoß.

In Deutschland sollen der Besitz von maximal 25 Gramm Cannabis und der Eigenanbau von höchstens drei Pflanzen künftig straffrei sein. Außerdem will die Bundesregierung den Anbau und die Abgabe der Droge in speziellen Vereinen ermöglichen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) stellten dazu in Berlin ein angepasstes Eckpunktepapier vor. Es handelt sich um überarbeitete Pläne der Ampel-Koalition zur Legalisierung.

Abgabe in speziellen Vereinen, den Cannabis-Clubs

Gemäß dem angepassten Eckpunktepapier dürfen künftig sogenannte Cannabis-Clubs, also nicht-gewinnorientierte Vereinigungen, Cannabis ausschließlich für den Eigenbedarf anbauen. Maximal dürfen pro Club-Mitglied 25 Gramm Cannabis pro Tag und maximal 50 Gramm pro Monat abgegeben werden. Unter 21-Jährige bekommen maximal 30 Gramm pro Monat, zudem soll für sie eine Obergrenze beim Wirkstoffgehalt festgelegt werden. In der Öffentlichkeit ist der Konsum nahe Schulen oder Kitas verboten. In Fußgängerzonen darf bis 20 Uhr nicht gekifft werden. Die Cannabis-Clubs sollen maximal 500 Mitglieder haben dürfen. Die Kontrollen sollen die Bundesländer übernehmen.

Einigung mit EU-Kommission: Modellregionen als nächster Schritt

Der ursprünglich geplante freie Verkauf von Cannabis für Erwachsene in Fachgeschäften wird zunächst gestrichen. Er soll in einem zweiten Schritt und zuerst in Modellregionen mit wissenschaftlicher Begleitung erprobt werden. Darauf habe sich die Regierung nach Gesprächen mit der EU-Kommission geeinigt.

Nach den nun präsentierten neuen Eckpunkten für das Legalisierungsvorhaben soll noch im April als nächstes ein erster konkreter Gesetzentwurf zur Regelung von Besitz, Eigenanbau und Cannabis-Clubs vorgelegt werden. Dieser muss nach Abstimmung in der Regierung und Kabinettsbeschluss später noch durch den Bundestag und eventuell auch durch den Bundesrat.

Ziel: Schwarzmarkt zurückdrängen

Die bisherige deutsche Cannabis-Kontrollpolitik sei gescheitert, so Lauterbach zu den Gründen der Legalisierung. Das Problem der Beschaffungskriminalität sei nicht beseitigt worden. Das Vorhaben der Bundesregierung sei nun, den Schwarzmarkt zurückzudrängen und der Kriminalität den Boden zu entziehen. "Wir schaffen kein Problem, wir versuchen, ein Problem zu löse", so Lauterbach. Der Gesundheitsminister sprach von einer kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene "in klaren Grenzen (...) flankiert durch Präventionsmaßnahmen für Jugendliche". Özdemir ergänzte: "Niemand soll mehr bei Dealern kaufen müssen, ohne zu wissen, was man sich da einhandelt."

Karl Lauterbach
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Karl Lauterbach

CSU-Fraktion bleibt beim Nein

Die CSU hält weiter nichts von den Legalisierungsplänen der Ampel. Der gesundheitspolitische Sprecher der CSU-Fraktion, Bernhard Seidenath, dazu: "Die Cannabislegalisierung zu Rausch- und Genusszwecken ist und bleibt ein fataler Fehler. Auch wenn die Legalisierung jetzt nicht mehr so weitreichend kommen soll wie ursprünglich von der Ampel-Koalition geplant - es ist ein Gebot der Vernunft, diese Freigabepläne ganz zu stoppen - juristisch wie gesundheitspolitisch ... Cannabis ist absolut kein harmloses Kraut, sondern gefährlich, eine hochpsychoaktive Droge. Die Folgewirkungen für die Gesundheit können gravierend sein. Die Bundesregierung sollte an ihren Plänen deshalb nicht herumdoktern, sondern sie einstampfen!"

Die bayerische Staatsregierung hatte in den vergangenen Monaten die Cannabis-Pläne der Ampel immer wieder als falschen Schritt kritisiert. So sagte etwa Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) BR24 im Januar, dass Lauterbachs "völlig auf dem falschen Dampfer" sei. "Es ist Unfug zu glauben, dass der Konsum einer Droge zurückgeht, wenn man sie legal und damit salonfähig macht." Das Motto im Umgang mit Drogen müsse vielmehr Prävention heißen.

Wie im März bekannt wurde, sieht der bayerische Gesundheitsminister seine Ablehnung der Cannabis-Pläne des Bundes durch ein Rechtsgutachten bestätigt. In der Analyse, die der Minister beim Rechtswissenschaftler Bernhard Wegener (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) in Auftrag gegeben hatte, heißt es: "Die von der Bundesregierung geplante Cannabis-Legalisierung widerspricht völker- und europarechtlichen Vorgaben."

Zuletzt hatten Kinder- und Jugendmediziner immer wieder öffentlich Bedenken zum Ausdruck gebracht. Gerade bei jüngeren Menschen sei das Risiko, abhängig zu werden, deutlich höher. Es sei sinnvoll, Beratungsstellen zu verstärken und Zielgruppen einzeln anzusprechen, sagte Psychiaterin Iris Hauth, Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde, schon im Dezember. 

Mit Informationen von dpa

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