Bundeswirtschaftsminsiter Robert Habeck, Aussenministerin Annalena Baerbock und Katharina Droege beim Bundesparteitag von Buendnis90/ Die Grunen
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Grünen-Parteitag: Kompromiss bei Rüstungsexporten

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Grünen-Parteitag: Kompromiss bei Rüstungsexporten

Am zweiten Tag des Bundesparteitags der Grünen steht die Außenpolitik im Mittelpunkt. Beim umstrittenen Thema Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien kam man zu einem Kompromiss. Außenministerin Baerbock verteidigte die Entscheidung.

Auf ihrem Bundesparteitag haben Außenministerin Annalena Baerbock und die Delegierten der Grünen versucht, ihre friedenspolitische Tradition mit der Rolle als Regierungspartei zu versöhnen. Bei der Debatte am Samstag ging es unter anderem um Rüstungsexporte in das islamische Königreich Saudi-Arabien. Dabei verständigten sich die Delegierten auf einen Kompromiss, mit dem ihre Regierungsmitglieder weiter freie Hand haben.

Demnach lehnt die Partei Rüstungsexporte in das Königreich zwar ab, wie Bundesgeschäftsführerin Emily Büning mitteilte. Aber der vereinbarte Text fordert keine Rücknahme der jüngst erteilten Exportgenehmigung für Munition für Kampfjets im Rahmen eines europäischen Gemeinschaftsprojekts.

Baerbock verteidigt Rüstungsexport-Entscheidung

"Wir liefern direkt nicht nach Saudi-Arabien", ein Land "wo Menschenrechte mit Füßen getreten werden", betonte Baerbock. Die Genehmigung für den Export sei für sie und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck schwierig gewesen. Sie sei aber der Auffassung, dass "wir europäische Rüstungskooperation brauchen". Auch damit Ausgaben für Soziales nicht zugunsten von nationalen Verteidigungsausgaben gekürzt werden müssten. Gleichzeitig versprach sie für die Zukunft eine restriktivere Rüstungspolitik.

Trotz eines weitgehenden Exportstopps hat die Ampel-Regierung kürzlich grünes Licht für die Lieferung von Ausrüstung und Munition an Saudi-Arabien im Wert von 36 Millionen Euro gegeben. Dabei geht es um ein Programm mit Italien, Spanien und Großbritannien. Über Anträge, die das kritisch beurteilen, war vor Beginn des Parteitages intensiv diskutiert worden. Die frühere Bundesregierung hatte die Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien unter anderem wegen der Beteiligung des Königreichs am Jemen-Krieg sowie des Mordes an dem Journalisten Jamal Khashoggi weitgehend gestoppt. Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP heißt es: "Wir erteilen keine Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter an Staaten, solange diese nachweislich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind."

Baerbock ruft zum Zusammenhalt auf

Außenministerin Annalena Baerbock warb um Unterstützung der Ukraine. "Wir unterstützen die Ukraine, weil wir eine Friedens- und Menschenrechtspartei sind", sagte die Grünen-Politikerin. Jeder einzelne Tag des von Russland geführten Krieges sei eine Katastrophe. "Eigentlich müsste dieser Krieg nicht da sein, aber er ist nun mal da. Und deswegen übernehmen wir diese Verantwortung."

Die frühere Parteichefin wurde bereits vor Beginn ihrer Rede mit stehendem Beifall begrüßt. Mehrmals wurde ihre Rede von Applaus unterbrochen. Baerbock warnte zugleich vor einer Spaltung des Landes angesichts der Folgen des Krieges. "Wir wollten niemals explodierende Lebensmittelpreise haben", sagte die Außenministerin. "Die einzige Verantwortung dafür trägt Wladimir Putin." Der Krieg werde auch mit Angst und Spaltung geführt: "Und genau das müssen wir jetzt verhindern." Mit Blick auf den bevorstehenden Winter und die Belastungen für die Bürger betonte sie, die Bundesregierung werde alles tun, "damit die Gesellschaft nicht gespalten wird".

Nouripour: "Frieden ist nicht einfach"

Grünen-Chef Omid Nouripour bekräftigte die Notwendigkeit weiterer Waffenlieferungen an die Ukraine. "Das ist das Gebot der Stunde, dass wir so schnell wie möglich helfen", sagte Nouripour unter großem Beifall der gut 800 Delegierten. Er sei es Leid, immer wieder darüber zu diskutieren, "wo die Waffen herkommen sollen". Entscheidend sei, dass die Ukraine sie brauche, egal ob aus der Bundeswehr oder der Industrie. Nouripour sagte an die Delegierten gerichtet: "Ich weiß, das ist für eine Friedenspartei nicht einfach, aber Frieden ist nicht einfach."

Menschenrechte und Frauenrechte "nicht verhandelbar"

Die Grünen stünden auch fest an der Seite der von Frauen angeführten Proteste im Iran, bekräftigte Nouripour und erntete dafür tosenden Applaus. Das gelte auch für Frauen in der Ukraine und in Saudi-Arabien. Menschenrechte und Frauenrechte seien für diese Partei "nicht verhandelbar".

Süddeutsche AKWs sollen bis 15. April Reserve bleiben

Am späten Freitagabend hatten die Delegierten nach einer kontroversen Debatte ihrem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck den Rücken gestärkt für seinen Plan zum Atomausstieg. Am ersten Tag hatten die Delegierten mit klarer Mehrheit beschlossen, die beiden süddeutschen Atomkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim 2 sollten bis zum 15. April in einer Reserve gehalten und bei Bedarf weiter für die Stromerzeugung genutzt werden. Das dritte noch verbleibende AKW Emsland hingegen soll zum 1. Januar 2023 endgültig abgeschaltet werden.

Keine neue Brennelemente

Die Beschaffung neuer Brennelemente lehnten die Delegierten ab. "Bündnis 90/Die Grünen werden im Bundestag keiner gesetzlichen Regelung zustimmen, mit der neue Brennelemente, noch dafür notwendiges neues angereichertes Uran beschafft werden sollen", heißt es im beschlossenen Antrag. Die Mehrheit der Delegierten bekräftigte damit jene Linie, die führende Grüne wie die beiden Parteichefs Ricarda Lang und Omid Nouripour in der Auseinandersetzung mit der FDP vertreten.

Habeck hält AKW-Weiterbetrieb für notwendig

Um den Umgang mit den deutschen Atomkraftwerken ist in der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP ein heftiger Streit entbrannt. Während die FDP auf einen längeren Weiterbetrieb dringt, lehnen dies insbesondere die Grünen ab. Habeck hatte eine AKW-Reserve vorgeschlagen, zuletzt aber bereits deutlich gemacht, dass er davon ausgeht, dass ein Weiterbetrieb der beiden süddeutschen Atomkraftwerke nötig werden dürfte.

Einige Delegierte äußerten Sicherheitsbedenken sowie die Befürchtung, es könne durch die sogenannte Einsatzreserve schleichend zu einem Ausstieg aus dem Atomausstieg kommen. "Wer garantiert uns dieses Datum?", fragte der Delegierte Karl-Wilhelm Koch aus der Vulkaneifel rhetorisch mit Blick auf das von Habeck vorgesehene endgültige Betriebsende der deutschen Atomkraftwerke Mitte April. Schon der Atomausstieg zum 31. Dezember des laufenden Jahres sei doch eigentlich garantiert gewesen.

Habeck sagte, Atomkraftwerke könnten im kommenden Winter einen wenn auch begrenzten Beitrag zur Sicherung der deutschen Stromversorgung leisten. "Als Minister, der am Ende für die Versorgungssicherheit zuständig ist", bat er um Zustimmung.

Am Sonntag geht es um den Klimaschutz

Die Grünen tagen erstmals seit drei Jahren wieder in Präsenz. Zum Abschluss des Parteitags am Sonntag steht das Thema Klimaschutz auf der Tagesordnung.

Mit Informationen von dpa, Reuters und AFP

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