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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kommt zu den Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD in der CDU-Parteizentrale, dem Konrad-Adenauer-Haus

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GroKo-Verhandlungen: Merkel erwartet "schmerzhafte Kompromisse"

GroKo-Verhandlungen: Merkel erwartet "schmerzhafte Kompromisse"

Der SPD-Chef spricht vom "Tag der Entscheidung". Die Kanzlerin erwartet "schmerzhafte Kompromisse". Der CSU-Landesgruppenchef verwendet eine Kriegsmetapher. Und gegen das SPD-Mitgliedervotum laufen schon Verfassungsbeschwerden. Von Wolfgang Kerler

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Wolfgang Kerler

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Die sonst eher zurückhaltende Kanzlerin redet bei ihrer Ankunft im Konrad-Adenauer-Haus Klartext: "Jeder von uns wird schmerzhafte Kompromisse machen müssen", sagt Angela Merkel. "Dazu bin ich auch bereit." Den rund 200 Seiten dicken Koalitionsvertrag, der gerade Gestalt annimmt, nennt die CDU-Chefin "detailliert" – und fügt hinzu: "Manche sagen auch: kleinteilig." Doch bei allen Details dürfe man nicht "das Zentrale" aus den Augen verlieren, mahnt Merkel. Damit meint sie: die Bildung einer stabilen Regierung, die für zukünftigen Wohlstand und Sicherheit sorgt.

"Darum geht es – und das dürfen wir bei allen kleinen und Detailfragen nicht vergessen", so Merkel.

Offenbar noch 13 offene Fragen

Die große Runde aller Verhandler kommt erst am Nachmittag zusammen. Bis dahin tagt in der Berliner CDU-Zentrale zunächst die 15-köpfige Spitzenrunde. Sie soll die offenen Fragen abarbeiten. Laut einem Bericht des "Redaktionsnetzwerks Deutschland" summierten sich diese am Morgen noch auf 13 Verhandlungspunkte. Darunter: die SPD-Forderungen nach der Abschaffung grundlos befristeter Arbeitsverträge und der Angleichung von Arzthonoraren für Kassen- und Privatpatienten. Aber auch: die Grunderwerbsteuer, ein verbindliches Lobbyregister, Verteidigungsausgaben und Rüstungsexporte.

Dobrindt: Raus aus den "Schützengräben"

Während sich CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer auf eine lange Verhandlungsnacht einstellt, fordert sein Parteikollege Alexander Dobrindt, Chef der Landesgruppe im Bundestag, alle zu Zugeständnissen auf: "Alle sind jetzt gefordert, sich aus ihren Schützengräben rauszubewegen. Eingraben geht jetzt nicht mehr. Die Stunde der Wahrheit naht." Optimistisch gibt sich am Morgen der SPD-Vorsitzende. Martin Schulz spricht vom "Tag der Entscheidung. Er habe "guten Grund" anzunehmen, dass man heute zum Ende kommen werde – und hoffe auf einen positiven Geist: "Wir sehen heute, dass wir gut beraten waren, uns Reservetage einzuräumen, weil auch für die Unionsparteien ersichtlich wurde, dass man diese Tage braucht." Ursprünglich wollten die drei Parteien am Sonntag ihre Gespräche beenden – hatten jedoch schon vorher angekündigt, notfalls um zwei Tage zu verlängern. Vor Weiberfastnacht am Donnerstag sollten die Verhandlungen aber auf jeden Fall abgeschlossen sein.

SPD-Mitgliedervotum landet beim Verfassungsgericht

Sollten sich Union und SPD heute auf einen Koalitionsvertrag verständigen, heißt das noch nicht automatisch, dass Deutschland dann eine neue Regierung bekommt. Die Sozialdemokraten wollen ihre Basis bei einem Mitgliedervotum über die Vereinbarungen abstimmen lassen. Das Prozedere könnte bis Anfang März dauern. Allerdings muss zunächst das Bundesverfassungsgericht klären, ob das Mitgliedervotum überhaupt zulässig ist. In Karlsruhe gingen fünf Anträge ein, die sich gegen die Befragung der etwa 450.000 Genossen wenden. Einer davon wurde nicht angenommen, über die anderen vier will das Gericht noch vor dem Votum entscheiden.

Staatsrechtler sieht kein Problem beim Mitgliedervotum

Die Antragsteller haben offenbar Zweifel daran, ob es mit der Freiheit der Abgeordneten im Bundestag und den Grundsätzen der repräsentativen Demokratie vereinbar ist, die Mitglieder einer einzelnen Partei über die Regierungsbildung entscheiden zu lassen. Ähnliche Beschwerden gab es bereits 2013. Damals hatten die Verfassungsrichter die Mitgliederbefragung zugelassen.

Der Staatsrechtler Christoph Möllers von der Humboldt Universität Berlin sagte dem BR: Er sehe kein verfassungsrechtliches Problem beim SPD-Votum. Denn formell sei die Mitgliederbefragung für die Parlamentarier nicht bindend.