Die unheimliche Erdbebenserie auf der beliebten griechischen Ferieninsel Santorini in der Ägäis reißt nicht ab. In der Nacht wurden wieder zahlreiche Erdstöße gemessen. Der stärkste erreichte eine Stärke von 4,9. Beben dieser Größenordnung sind für die Insulaner noch nicht gefährlich und auch nicht selten. Es ist die dichte Taktung, die die Menschen in Angst versetzt - und die Frage, auf welche Weise das Phänomen enden wird. Seismologen rechnen damit, dass das Hauptbeben noch bevorsteht. Von den rund 16.000 Einwohnern Santorinis soll bereits mehr als ein Drittel nach Athen und zu anderen Orten auf dem Festland geflohen sein, berichten griechische Medien.
Mitsotakis an die Inselbewohner: Ruhe bewahren
Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis hatte die Bewohner der Insel aufgerufen, trotz der "sehr starken" seismischen Aktivitäten "ruhig zu bleiben". "Wir müssen mit einem sehr starken geologischen Phänomen umgehen", sagte er am Rande des EU-Gipfels in Brüssel. "Ich möchte unsere Inselbewohner vor allem bitten, ruhig zu bleiben", so Misotakis.
Tausende Bewohner verlassen die Insel
Der Ansturm auf die Fähr- und Flugtickets auf Santorini bleibt aber weiterhin groß. Fluglinien richteten Sonderflüge ein, Reedereien schickten zusätzliche Fähren. "Ich habe seit Tagen nicht geschlafen, die Kinder und die Frauen weinen, es bebt alle fünf Minuten", sagte ein Mann, der einen Platz auf der Fähre Blue Star 1 nach Athen ergattert hatte, zu Journalisten. Fernsehbilder zeigten vollgepackte Autos fliehender Menschen. "Ich fühle mich wie ein Flüchtling im eigenen Land", klagte eine Frau.
"Wir sind alle beunruhigt. Wir müssen alle fahren und Schlange stehen, um die Fähre zu bekommen, vor allem (zum Schutz) für unsere Kinder", sagte der 45-jährige Dimitris Selistai, der seit 25 Jahren auf Santorini arbeitet. "Es hat alle drei bis vier Stunden gebebt. So etwas habe ich noch nie vorher erlebt", sagte der seit 17 Jahren auf der Insel lebende Fremdenführer Kostas Sakavaras, der bereits am Sonntag mit seiner Familie abgereist war, der Nachrichtenagentur AFP am Telefon. Das Boot von Santorini nach Piräus sei voll gewesen.
Experten rätseln über Ursache der Erdbeben
Unter den Fachleuten herrscht Rätselraten über die ungewöhnliche Erdbebenserie. "Noch nie haben wir ein Phänomen so vieler Erdbeben binnen so kurzer Zeit registriert", sagte Geologie-Professorin Evi Nomikou dem Nachrichtensender Skai.
Der Präsident der Organisation für erdbebensichere Planung und Absicherung, Efthymios Lekkas, sagte dem öffentlichen Sender ERT, es gebe die "geringfügige Möglichkeit eines Erdbebens der Stärke 5,5". Ein Erdbeben einer Stärke von mehr als 6 schloss er aber aus. Bei einem Erdbeben der Stärke 7,5 im Jahr 1956 waren rund 50 Menschen auf Santorini ums Leben gekommen, es wurde auch ein Tsunami ausgelöst.
Sorgen bereitet den Wissenschaftlern, dass durch die andauernden Beben der große Vulkan Kolumbos aktiviert werden könnte, der nordöstlich der Insel unter Wasser liegt. Er hatte im Jahr 1650 bei einer gewaltigen Eruption schwere Schäden im gesamten östlichen Mittelmeer angerichtet.
Auswärtiges Amt ruft zum Verlassen der Küstengebiete auf
Der griechische Katastrophenschutz forderte die Bevölkerung von Santorini auf, größere Versammlungen in geschlossenen Räumen zu vermeiden. Außerdem sollten bestimmte Häfen und verlassene Gebäude gemieden werden.
Das Auswärtige Amt verwies in seinen Reise- und Sicherheitshinweisen für Griechenland darauf, dass Reisende Küstengebiete sofort verlassen sollten. Bei starken seismischen Erschütterungen bestehe die Gefahr von Überschwemmungen. Wer Urlaub in der Region mache, solle sich in der Krisenvorsorgeliste des Auswärtigen Amtes registrieren und auf seinem Mobiltelefon die Option "Notfallbenachrichtigungen" aktivieren. Aktuelle Informationen zu Erdbeben finden Sie auf der Website vom Helmholtz-Zentrum für Geoforschung (externer Link).
Nach Angaben der griechischen Behörden sind die Erdbeben nicht die Folge von vulkanischer Aktivität, sondern von Verschiebungen der Erdplatten. Santorini gehört zur Inselgruppe der Kykladen in der Ägäis im östlichen Mittelmeer. Auf der Insel leben dauerhaft 15.500 Menschen, zu denen allein im Jahr 2023 noch 3,4 Millionen Touristen kamen.
Im Audio: Erdbebenserie in Santorini
Santorin: Touristen gehen an geschlossenen Geschäften in der Stadt Fira vorbei. Die Behörden ergreifen Notfallmaßnahmen.
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