Helfer entfernen im August 2022 einen toten Fisch aus der Oder
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Helfer entfernen im August 2022 einen toten Fisch aus der Oder

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Greenpeace-Gutachten: Polens Bergbau löste Oder-Fischsterben aus

Das Fischsterben in der Oder vom August 2022 ist laut einem Untersuchungsbericht von Greenpeace Polen durch Salzwasser-Einleitungen von Bergbaubetrieben in Polen ausgelöst worden. Die polnische Seite schweigt dazu bisher.

Die Umweltorganisation Greenpeace hat in Warschau die Ergebnisse von Wasser-Proben vorgestellt, die über mehrere Wochen hinweg im Herbst und Winter in Polen analysiert wurden. Diese belegten, dass Salz-Einleitungen der polnischen Bergbauindustrie das Umweltdesaster ausgelöst hätten. Der Bericht lag dem SWR bereits vor Veröffentlichung vor.

Höherer Salzgehalt als Meerwasser

Die Proben, so Greenpeace, stammten von Zuflüssen der Oder, in die mehrere große Steinkohleminen ihre Abwässer einleiten. Laut dem Abschlussbericht lag die gemessene Salzkonzentration an den Einleitungsstellen der Bergwerke zum Teil höher als in Meerwasser.

Demnach führte das Salzwasser zur Massenvermehrung einer giftigen Alge, die das Fischsterben auslöste. Greenpeace Polen fordert nun unter anderem, dass die Einleitungen gedrosselt und Entsalzungsanlagen eingebaut werden müssen.

Minenbetreiber schweigt

Unabhängige Fischereiexperten begrüßten die Untersuchungen und halten die Ergebnisse für plausibel. Das polnische Umweltministerium antwortete auf mehrere Anfragen von Medien bisher nicht, ebenso wie der größte Minenbetreiber. Welche Konsequenzen nun gezogen werden, ist aktuell noch unklar, da die Greenpeace-Ergebnisse erst jetzt in Warschau veröffentlicht wurden.

Deutsche Experten benannten keinen Verursacher

Das Bundesumweltministerium hatte Ende September 2022 einen Bericht deutscher Experten zum Fischsterben in der Oder vorgelegt, der zu dem Schluss kam, dass die wahrscheinlichste Ursache für das Fischsterben ein sprunghaft gestiegener Salzgehalt sei, der zusammen mit weiteren Faktoren eine massive Vermehrung der für Fische giftigen Brackwasseralge Prymnesium parvum auslöste.

Die Experten mussten dem Ministerium zufolge aber "mangels verfügbarer Informationen" offenlassen, was die Ursache für den unnatürlich hohen Salzgehalt war. "Warum der Salzgehalt in der Oder nun so schnell und derart stark angestiegen ist, müssen die polnischen Untersuchungsergebnisse zeigen", hieß es damals in einer Mitteilung des Umweltministeriums.

Lemke: "Durch menschliche Aktivitäten verursacht"

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) erklärte zu dem Experten-Bericht allerdings, das Fischsterben in der Oder sei eine gravierende Umweltkatastrophe, die "durch menschliche Aktivitäten verursacht" worden sei. Salzeinleitungen seien den Fachleuten zufolge die wahrscheinlichste Ursache, dennoch blieben aber "Fragen offen".

Polnischer Bericht machte heißen Sommer verantwortlich

Fast zeitgleich legten polnische Experten ebenfalls einen Bericht zu den Ursachen der Umweltkatastrophe vor. Auch hier hieß es, die "toxische Wirkung einer Algenblüte" sei der Auslöser des Fischsterbens.

Die polnischen Fachleute erklärten jedoch, zu dieser Algenblüte sei es gekommen, weil es im Hochsommer fast zwei Monate lang nicht geregnet hatte, wodurch die Wassertemperatur auf bis zu 27 Grad anstieg. Der niedrige Wasserstand habe außerdem dazu geführt, dass die Salzkonzentration zunahm: "So hat die Alge Bedingungen gefunden, die es ihr ermöglichten, sich zu entwickeln", sagte damals die Wasserbiologin Agnieszka Kolada vom Institut für Umweltschutz in Warschau.

Das Expertengremium empfahl allerdings, ein System zur ständigen Kontrolle der Wasserqualität zu schaffen, das auch öffentlich zugänglich sein müsse. Außerdem müsse die Kontrolle von allen Betrieben fortgeführt werden, die Abwässer in die Oder einleiten. Die polnische Umweltschutzbehörde hatte erklärt, keiner der kontrollierten Betriebe habe über der Norm liegende Abwässer eingeleitet.

Greenpeace widersprach schon damals

Greenpeace teilte bereits damals im Hamburg mit, dass Salzeinleitungen der polnischen Bergbauindustrie das massenhafte Fischsterben verursacht hätten. Das habe die Analyse von 17 Wasser- und Bodenproben ergeben, die Ende August zwischen dem brandenburgischen Schwedt und der polnisch-tschechischen Grenze auf etwa 550 Kilometer Flusslänge genommen worden seien.

Mit Informationen von dpa

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