Deutschlands höchster Berg liegt im Wahlkreis von Alexander Dobrindt, dem CSU-Landesgruppenchef - und der hat in Bayern in wenigen Monaten Landtagswahl. Wer einladen darf, das geht Reih um, jede Partei ist mal dran - nun also die CSU mit Dobrindt. Zwei Tage lang gehen die etwa 40 Abgeordneten aus dem Bundestag in Klausur. Zwar kennen sich die Vorsitzenden Dobrindt, Volker Kauder (CDU) und Andrea Nahles (SPD) schon länger, aber gerade unter den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden sind viele, die diese Aufgabe neu übernommen haben. Teambuilding ist deshalb das Wort der Stunde.
Kameras und Mikros auf der Zugspitze
Auf der Zugspitze läuft der Betrieb am Montagmorgen erst einmal wie üblich: Touristen, die den Ausblick genießen und sich über den Journalistentross wundern. Kameras und Mikrofone sind eingerichtet für das Auftaktstatement der drei Fraktionsspitzen. Einige der Besucher fragen nach, was denn gleich passieren wird und winken dann ab. Die Politik haben sie hier oben auf der Zugspitze nicht erwartet - und offenbar auch nicht vermisst.
Konkretere Ziele
Nahles, Dobrindt und Kauder kommen ein paar Minuten später als angekündigt - etwas legerer gekleidet als sonst: Nahles in hellblauer Outdoor-Jacke, Dobrindt ohne Schlips und Kauder hat um den Hals einen roten Schal. Im Koalitionsvertrag stehe ja genug drin - jetzt wolle man endlich ans Arbeiten kommen, erklären die drei. Es soll konkreter werden, versehen mit Zahlen und Zeitplänen: Thema "Bauen und Wohnen" etwa. Luxussanierungen sollen zu einem geringeren Teil auf Mieter umgelegt werden dürfen. Bei Neuvermietungen soll der Vermieter Auskunft über die letzte Miete geben müssen. Und wer bauen will und Kinder hat, soll extra Geld bekommen - 1.200 Euro pro Kind und Jahr, zehn Jahre lang.
Gute gelaunte Unionsfraktion
Es soll auch um Klimaschutz gehen, um Veränderungen in der Arbeitswelt, künstliche Intelligenz. Damit sei man auf der Höhe der Zeit, lobt Kauder die eigene Agenda. Zur beruflichen Bildung und zur Digitalisierung werde jeweils eine Enquetekommission beschlossen. Überhaupt, der Unionsfraktionsvorsitzende wirkt von allen dreien am besten gelaunt, zumindest gibt er sich so. Vielleicht muss er auch ein bisschen vermitteln.
Streit um Abschiebungen?
Die Bemerkung von Dobrindt, es gäbe eine "aggressive Anti-Abschiebe-Industrie", dürfte gerade bei Nahles nicht gut angekommen sein. Auf Nachfrage antwortet sie nur kurz, sie würde sich diesen Begriff nicht zu eigen machen. Ansonsten gelte, was im Koalitionsvertrag stehe und dass Innenminister Horst Seehofer (CSU) loslegen müsse. Das werde er ganz bestimmt, wirft Kauder noch ein. Damit ist das Thema erledigt - zumindest vor den Kameras auf der Zugspitze wird dazu nichts mehr gesagt.
Die Treffen weit weg von Berlin haben eine gewissen Tradition. Thomas Oppermann (SPD) lud mal in seinen Wahlkreis nach Göttingen ein. Als Kauder entscheiden durfte, ging's nach Rust in den Europapark, der Spaß und Unterhaltung bietet. Jedesmal hätte es einen kleinen Schub gegeben, berichtet Kauder mit gewissem Stolz, jedesmal habe man sich etwas besser kennengelernt.
Am Dienstag geht es in Murnau weiter
Der Auftritt auf der Zugspitze dauert nur gut zehn Minuten. Inzwischen sind auch einige der anderen Abgeordneten eingetroffen - kurz die Sonnenbrille aufgesetzt, vielleicht auch etwas Sonnencreme. Dann geht es mit der Gondel zur Gletscherstation ins "Sonnalpin". Dort beginnt am Mittag die eigentliche Klausur. Am Dienstag zieht die gesamte Gesellschaft noch einmal weiter nach Murnau. Für die Kameras gibt es wieder ein kleines Schmankerl: einen selbstlernenden Roboter, der erstmals öffentlich vorgestellt wird.
Der Sonnenschein ist übrigens nicht von Dauer. Am Nachmittag zieht es zu auf der Zuspitze. Dicke Wolken hängen über den Bergen. Welches Wetter das Stimmungsbild zwischen den Regierungsfraktionen besser beschreibt, bleibt erst einmal offen. Es dürfte ähnlich wechselhaft sein, wie das Wetter.